Wien - Sollte die Wehrpflicht und damit der Zivildienst wegfallen, müsste ein verpflichtender Sozialdienst eingeführt werden, forderte der Geschäftsführer des Roten Kreuzes, Wolfgang Kopetzky am Samstag. Ohne die rund 3.000 Zivildiener wären verschiedene Leistungsbereiche des Roten Kreuzes - vom Krankentransport bis zur Altenpflege - "mehr als gefährdet". Den Sozialdienst sollte nach Vorstellungen des Roten Kreuzes alle, auch junge Frauen, leisten müssen.

Ein Nein zu diesem Vorschlag kam am Sonntag von Grünen und ÖGB. "Der Zwangsdienst mit der Waffe kann nicht einfach in einen Zwangsdienst mit der Trage für alle umgewandelt werden", so die Grün-Abgeordnete Theresia Haidlmayr, die für einen freiwillige Sozialdienst eintrat. ÖGB-Frauenvorsitzende und Vizepräsidentin Renate Csörgits lehnte vor allem Verschlechterungen für Frauen ab.

Notwendigkeiten im Pflegebereich

Es sei "höchste Zeit nachzudenken, was für Notwendigkeiten im Sozialbereich auf Österreich zukommen", etwa im Pflegebereich, meinte Kopetzky. Die Bundesheer-Reformkommission lasse "zu sehr außer acht", was passieren würde, wenn der Zivildienst wegfällt. Deshalb bringe das Rote Kreuz diesen "bewusst eher radikalen Vorschlag" ein, um die "Diskussion anzuheizen".

Neun Monate sollte der verpflichtende Sozialdienst dauern, die Bezahlung sollte die selbe sein wie jetzt beim Zivildienst. Außerdem sollte während der Sozialdienstzeit die Berufsausbildung möglich gemacht werden, umriss Kopetzky das Modell.

Viele jungen Leute ohnehin arbeitslos

Er argumentierte auch mit dem Arbeitsmarkt: 50.000 bis 60.000 junge Menschen würden pro Jahrgang dafür in Frage kommen. In der in Frage kommenden Altersgruppe seien derzeit schon 40.000 arbeitslos. Diese Zahl würde sich beträchtlich erhöhen, wenn die Wehrpflicht wegfällt, so Kopetzky.

"Keine Lösung für den Pflegenotstand"

Ihr "Nein zu einem Zwangsdienst für junge Männer und Frauen" erläutert Haidlmayr: Um die Sozialversorgung in Österreich nach der Abschaffung der Wehrpflicht zu gewährleisten, sei vielmehr die Einführung eines freiwilligen Sozialdienstes für Männer und Frauen sinnvoll. Dieser sei ordnungsgemäß zu entlohnen und könne als Ausbildungsmodul für Sozialberufe angerechnet werden. Bei der Finanzierung solle auf die schon bestehende Finanzierung des Zivildienstes, aber auch auf die Bundesländer und Hilfsorganisationen zurückgegriffen werden.

Auch Csörgits sieht in einem verpflichtenden Sozialdienst für Frauen und Männer "keine Lösung für den Pflegenotstand". Vor allem für Frauen, die schon jetzt etwa einen Wiedereinstieg nach der Babypause oder die Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger zu leisten hätten, wäre ein verpflichtender Sozialdienst ein "zusätzlicher Stolperstein". Gefordert seien stattdessen bessere Rahmenbedingungen für die Beschäftigten im Pflegebereich. So gebe es nun zwar endlich einen Kollektivvertrag für die Beschäftigten in den Sozial- und Pflegeberufen. Eine bundeseinheitliche Ausbildung für Heimhelfer etwa fehle aber nach wie vor.

Sozialdienst: Für Gusenbauer nicht akutell

Nicht aktuell ist für SP-Chef Alfred Gusenbauer die Forderung des Roten Kreuzes nach einem verpflichtenden Sozialdienst, wenn die Wehrpflicht und damit der Zivildienst wegfallen sollte. Derartige Ideen solle man dann diskutieren, wenn ein Konzept der derzeit arbeitenden Bundesheer-Reformkommission vorliege und die Frage der allgemeinen Wehrpflicht geklärt sei, so Gusenbauer am Montag bei einer Pressekonferenz.

So wie er die derzeitigen Beratungen sehe, gehe es aber nicht in Richtung Abschaffung der Wehrpflicht - auch mittelfristig nicht, betonte Gusenbauer. (APA)