++PRO Von Stephan Hilpold

Gegen das Wichteln bin ich ja auch, das klingt einfach so kleinmütig, aber über das Engele-Bengele-Spielen lass ich nichts kommen, da fährt die Eisenbahn drüber, die ich damals, beim ersten Engele-Bengele meines Leben bekommen habe. Und jetzt sage niemand, dass das wohl dasselbe sei, weit gefehlt, eigentlich kommt's überhaupt nur auf den Namen des Ganzen an. Ein Wicht, äh ein Wichtel, das will ich nicht sein, wie schaut das denn aus, so ein Danny-De-Vito-Verschnitt ist vielleicht im Fernsehen ganz lustig, und auch da nicht wirklich, wenn wir ehrlich sind.

Aber ein Engel, das hat in unseren weiß geschminkten Marilyn-Manson-Zeiten doch was. Weiße Flügerl! Ein langes Gewand! Einen Heiligenschein! Ein sanftes Lächeln (aber nicht dieses John-Travolta-Grinsen) auf dem Gesicht! Also, ich in solcher Aufmache, da würde jede Transe (Pardon) vor Neid aus ihren Stöckelschuhen kippen.

Und was muss man dafür tun? Richtig, nur irgendjemandem, der einem in der Regel herzlich egal und dem man auch sonst nur eine Krawatte oder das Schwiegermutter-Präsent vom letzten Jahr geschenkt hätte, ein klitzekleines Geschenk machen. Heimlich, das heißt, man kann demjenigen erst recht wieder eine Krawatte oder das Schwiegermutter-Geschenk ins Tascherl stecken. Und, ohne dass man wieder einen Liter Red Bull getrunken hat, wachsen einem Flügel. Fragt sich eigentlich nur noch, wie das mit dem Bengele gemeint ist. Vielleicht sollte man sich doch etwas Besseres einfallen lassen als besagte Krawatte oder das Schwiegermutter-Geschenk vom letzten Jahr.

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--CONTRA
von Samo Kobenter

Also, mir ist das unsympathisch - allein aus etymologischen Überlegungen. Das "Wichteln" klingt schon so, wie es tut: klein, koboldhaft, krätzig, neidisch, unnötig. Da klingt diese ganze Sparvereinsgesinnung durch, die uns auf anderer Ebene zum Beispiel das Sparpaket beschert hat. Auch so eine Erfindung von Wichteln, die ihr eigenes Zu-kurz-Gekommensein zulasten der Allgemeinheit ausleben dürfen und sich diebisch freuen, wenn viele weniger bekommen, damit einige mehr behalten. Auch möchte ich von meinen Lieben niemanden zugelost bekommen, der's dann ordentlich kriegt, während die anderen durch die Finger schauen. Und dann zu Recht auf mich sauer sind, und nicht auf das Los, wenn sie sehen, mit welchen Schätzen ich den/die Auserwählte(n) überschütte. Das gilt natürlich auch umgekehrt, passiv.

Nein, ich bin und bleibe ein Anhänger des Potlatsch, das die Indianer auf ihren Streifzügen durch Kärnten dort vergessen haben. Das ist die einzig adäquate Form, in der sich das gelebte Sein des wahren Gentleman mit der des edlen Wilden vereint und die, was kostet die Welt, von ihr mit lässiger Geste mehr verschenkt, als sie mit beiden Armen zusammenraffen konnte. Ich gebe ja gerne zu, dass ich genau so beschenkt werden will wie ich schenke: Es darf von allem viel zu viel sein und meinem einfachen Geschmack entsprechen, der vom Guten nur das Beste will. Von schönen Dingen kann man nie genug bekommen, daher wichtelt, ihr Wichtel: Wir wollen wenigstens im Schenken Riesen sein. (DerStandard/rondo/19/12/03)