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++PRO Von Daniel Glattauer

Wenn ich ehrlich bin, was hier zum Glück nicht ausdrücklich verlangt wird, ist es mir ziemlich egal, ob ein Jahr einen Tag länger oder kürzer dauert. Es sind nämlich nie die guten Tage, die einem zu viel werden, und es sind nie die schlechten, die man misst. Bei 365 sagen wir: Einen hätten wir noch gebraucht. Nach 366 wissen wir: Dieser eine hatte uns gerade noch gefehlt.

Eine meiner ehrgeizigen Absichten für 2004 ist es aber, generell "dafürer" zu sein als in den Jahren davor, viel öfter für und viel seltener gegen eine Sache. Ich verspreche mir davon, dass dieser neue Schub an Bejahung die kollektivvertragliche Erhöhung des Lebensalters abgeltet, wodurch ein Jungbrunneneffekt entstehen könnte. Denn dagegen zu sein, geht auf Dauer gehörig an die Substanz. Stets schwingt der Missmut mit, leicht gesellen sich Argwohn und Trotz dazu. Sagen Sie daheim einmal "Ich bin dagegen!" und beobachten Sie sich dabei im Spiegel. Sie blicken in ein ernstes, zerknirschtes, bitteres Gesicht. Dann versuchen Sie es mit: "Ich bin dafür!" Und? Sehen Sie, wie sich Ihre Züge lichten, wie sich die Falten auflösen?

Um gleich im Jänner so richtig "dafür" zu sein, kommt mir das Schaltjahr wie gerufen. Ich spüre bereits Anzeichen der Faszination für eine Idee der Zustimmung, die es öffentlich bisher noch nicht gab. Schon versammle ich im Geiste den "Verein der Freunde des Schaltjahrs" um mich: aufgeweckte, umgängliche, heitere Gesellen. Mit Transparenten werden wir den 29. Februar hochhalten und fortan als "Tag des Dafürseins" feierlich begehen. Ein Mal in vier Jahren werden wir das wohl schon schaffen.

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--CONTRA
von Gerhard Plott

Wie bitte, was? Schaltjahr? Was ich davon halte? Da gratuliere ich Ihnen aber herzlich, das ist eine ganz hervorragende Frage. Und dem Richtigen gestellt. Bewegt mich als Experten natürlich schon seit langem, wirklich. Habe ausführlich über dieses brisante Thema meditiert. Bin in mich gegangen und eben erst wieder herausgekommen.

Ich sage es Ihnen jetzt in aller Klarheit, ohne Umschweife, offen und ehrlich. Ich mache da kein Geheimnis daraus, mögen mich meine kleingeistigen Gegner auch vernadern. Sie werden nun überrascht sein, vielleicht sogar sprachlos, ich lade Sie ein, mir zu folgen, wenn Sie können. Zitieren Sie mich ruhig, man kennt mich ja. Schließlich flossen etliche programmatische Reden von Politikern und anderen großen Aufsteigern aus meiner Feder. Hörbschi, Karliheinzi, der Winzer, die Dentistin und der Ernstl - alle leben von meiner Weisheit.

Ich bin nämlich der unumstößlichen Meinung, dass das Schaltjahr - hören Sie gut zu - ungewöhnlich ist. Ich würde es dank der intellektuellen Kühnheit, für die ich allseits geschätzt werde, nicht alltäglich in unserer Republik nennen. Wie ich zuvor richtigerweise betonte, ist das Schaltjahr einfach anders, um es hart zu formulieren. Und anders sein, is nix, das ist praktisch fremd, samma uns einig. So ein Schaltjahr gehört reformiert, jetzt gleich.

Alles kapiert? Wie war ich? Gut? Falls Sie einmal jemand etwas fragt, merken Sie sich: Sofort alles rauslassen, sich nicht unterbrechen lassen, munter drauf los reden. Nur so wird da was daraus. (DerStandard/rondo/09/01/2004)