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Jom Kippur, der Versöhnungstag, ist seit der Zerstörung des jüdischen Tempels durch die Römer der höchste Feiertag der Juden. Gläubige Juden verbringen den Tag mit Beten und Fasten in den Synagogen. Zum Ausgang erklingt das Schofar (Bild), das Widderhorn, das in der Bibel häufig erwähnt wird.

Das muslimische Opferfest ist ein Tag des Friedens und des Gewaltverzichts. Das Fest errinnert an den Tag, an dem Abraham auf Gottes Befehl davon abließ, seinen Sohn zu opfern

Foto: REUTERS/David Silverman
Die französische Laizismus-Kommission hatte vor Wochenfrist einen umfangreichen Bericht vorgelegt, in dem sie unter anderem ein Gesetz gegen das islamische Kopftuch an Schulen empfiehlt. Eine Idee ging dabei unter, sorgt nun aber für helle Aufregung: die Übernahme je eines muslimischen wie jüdischen Feiertags in den nationalen Kalender arbeitsfreier Tage.

Am geeignetsten, so die Kommission, seien Jom Kippur, der höchste jüdische Feiertag, sowie das muslimische Opferfest Aid el-Kebir, bei dem ein Schaf geschlachtet wird. Diese Tage sollen schulfrei sein; am Arbeitsplatz sollen sie je nach religiöser Zugehörigkeit gelten.

Der Politologe und Kommissionsvertreter Patrick Weil begründete die Idee mit der "Kultusgleichheit und der religiösen Diversifizierung". Andere verwiesen auf technische Schwierigkeiten, da Jom Kippur irgendwann im September oder Oktober stattfindet, Aid el-Kebir gar auf jeden Tag des Jahres fallen kann und erst ein Dutzend Tage vorher bestimmt wird.

Die beiden betroffenen Glaubensgemeinschaften - mit vier Millionen Muslimen und 700.000 Juden die jeweils größten Europas - begrüßten den Vorschlag an sich. Der Präsident des jüdischen Konsistoriums in Paris, Moïse Cohen, gibt zu bedenken: "Wir sind in einem christlichen Land. In jedem Dorf gibt es eine Kirche, aber nicht unbedingt eine Synagoge. Ich sehe nicht, wie jemand, der Durand heißt, Ramadan oder Jom Kippur feiern soll."

Fouad Alaoui von den islamischen Organisationen Frankreichs (UOIF) fügte hinzu: "Ich sage nicht, dass es ein schlechter Vorschlag ist. Aber warum Aid el-Kebir und zum Beispiel nicht Aid el-Fitr? Vielleicht, weil der Tag ohne Schafe zu wenig folkloristisch wäre?"

Die politische Rechte und zum Teil die Linke lehnt die Idee weit gehend ab und fragt, ob dann nicht auch Buddhisten Anspruch auf einen nationalen Feiertag hätten. Der sozialistische Bürgermeister von Paris, Bertrand Delanoë, begrüßt den Vorschlag hingegen als "sehr schönes Symbol" und als "eine Art Bindeglied".

Staatspräsident Jacques Chirac dürfte sich am Mittwoch dazu äußern, wenn er offiziell Stellung zum Bericht der Laizismus-Kommission nimmt. Es ist anzunehmen, dass er die Feiertags-Maßnahme zurückweist. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2003)