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Die Geschwister Kostelic

Foto: Reuters/Balibouse

Kostelic zur Untersuchung in Schruns.

Ivica und Janica Kostelic haben eigenen Angaben zufolge schon viele Skirennen unter Schmerzen bestritten und gewonnen.

"Oh Gott", habe er sich gedacht, als er während der Fahrt den Schnalzer im rechten Knie spürte, und "dann besonders viel riskiert". Schließlich, das war der nächste Gedanke, könnte der Slalom von Madonna sein "letzter in der Saison" sein. Ivica Kostelic hat diesen Slalom am Montag (vor dem Italiener Rocca und dem Österreicher Pranger) gewonnen, er humpelte zur Siegerehrung und zur Pressekonferenz, eine Meniskusverletzung stand im Raum. Dienstag Abend wurde er in Schruns untersucht, kroatische Medien berichteten da bereits, der Nationalheld könne sein Knie wieder voll abbiegen. Die Verletzung ist aber leichterer Natur, das ergab die halbstündige Arthroskopie im lädierten rechten Knie.

Dr. Christian Schenk konstatierte eine Knorpelabsplitterung im rechten Oberschenkel, einen kleinen Meniskusriss sowie ein zwischen Meniskus und Schienbeinplateau eingeklemmtes Knorpelstück, das die Schmerzen verursacht hat. "Es wurde alles ausgeputzt und glattpoliert", berichtete der renommierte Spezialist. Der Weltmeister bleibt noch bis Freitag oder Samstag in der Vorarlberg, dann wird man laut Schenk genau abschätzen kann, wann Kostelic wieder mit dem Training beginnen kann.

"Auf dem Weg zurück"

Wie es seiner Schwester gehe, auch das wurde Ivica während der Pressekonferenz in Madonna gefragt. "Sie ist", sagte er, "auf dem Weg zurück." Und siehe da, gestern war Janica Kostelic schon als Vorläuferin im Einsatz. Die 21-Jährige, die sich im März den Gesamt-Weltcup gesichert hatte, war dann binnen sieben Monaten viermal am rechten Knie operiert worden, zusätzlich setzten ihr Schilddrüsenprobleme zu.

Besonders schwer hatte es Janica Kostelic im Dezember '99 im Abfahrtstraining von St. Moritz erwischt, als im rechten Knie sieben Bänder, Innen- und Außenmeniskus sowie die Patellarsehne rissen. Auch das linke Knie lag schon mehrmals unter dem Messer. Als die Kroatin 2002 in Salt Lake City dreimal Olympiagold und einmal Silber holte, sprachen Ärzte von einem Wunder, dieses Wunder wiederholte Janica heuer mit zwei WM-Titeln.

Das Knie ist kein Zufall

Für den Wiener Sportarzt Paul Haber ist es "eher ein Zufall", dass zwei Geschwister derart oft an den Knien verletzt sind. "Erwischt es einen Schweden und eine Schweizerin, fällt es keinem auf." Die Häufung der Knieverletzungen insgesamt kommt nicht von ungefähr. Haber: "Das Knie ist das komplizierteste Gelenk, es wird im Slalom extrem beansprucht, der Druck in den Kurven ist enorm."

Ein bereits früher verletztes Knie wird überdies manchmal unterbewusst geschont, im gleichen Moment wächst die Belastung auf das andere Knie, neue Abnützungserscheinungen und ein höheres Verletzungsrisiko sind die Folge. "Die einzig intakten Bänder", sagt Haber, "sind manchmal die Stimmbänder." An eine genetisch bedingte Kostelic-Anfälligkeit glaubt der Mediziner nicht, es handle sich schließlich nicht um eineiige Zwillinge. "Der Mensch insgesamt", sagt Haber, "ist nicht gebaut für solche Belastungen."

In der Jugend wurden Janica und Ivica von Vater Ante, einem ehemaligen Handballprofi mit dem Spitznamen "Gips", angeblich von früh bis spät gedrillt. Heute betonen die Kostelic-Geschwister immer wieder ihre Handicaps. "Nur im rechten Arm habe ich keine Schmerzen, und meine Haare tun auch nicht weh", hat Janica einmal gesagt. (APA/DER STANDARD PRINZAUSGABE 17.12. 2003)