Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: Archiv
Wir täuschen uns, wenn wir glauben, in einem Restaurant Gast zu sein und als solcher behandelt zu werden (abgesehen davon, dass man auch als Gast gewisse Regeln einzuhalten hat, von von "Wer zahlt, schafft an"-Apologeten ganz gerne vergessen wird, aber das ist ein anderes Thema). Wir sind "PaX" (kommt von "Passenger X" aus der Flug-Reservierungssprache, wurde von der Gastronomie für die Reservierungsbüchern übernommen), abzufertigende Einheiten, denen man Essen innerhalb gewisser Zeitspannen vor die Nase zu setzen hat, weil sie sonst rebellieren und im Lokal für Unruhe sorgen (manche dieser "Paxe" gehen extra deswegen in Restaurants, aber auch das ist wieder eine andere Geschichte, die irgendwo in der Psycho-Ecke unterzubringen wäre), oder noch schlimmer, die ihr Geld das nächste Mal wo anders hintragen und ihren Freunden auch noch davon erzählen, dass sie ihr Geld besser auch wo anders hintragen sollten.

Weil schlaue Marketing-Manager und Sozial-Therapeuten aber irgendwann einmal draufkamen, dass die Gewissheit, dass dem Wirten und seinem Personal der Gast in seiner individuellen Persönlichkeit eigentlich relativ schnurz ist, für hohe Frustration, Traumata und in Folge steigende Selbstmordraten sorgt, wurde da schon vor geraumer Zeit entgegengearbeitet. In der heimischen Hotellerie etwa durch institutionalisiertes *rschkriechen bei den Gästen, in Amerika eher durch eine Art Pseudo-Verbundenheit, die vermittelt werden soll, indem einem die Servierkraft, der Schuhputzer oder welcher Dienstleister auch immer die Ohren mit einem standardisierten Sermon über Name, Dienstgrad und Dienstleistungswilligkeit vollquatscht. Und das kam jetzt blöderweise auch schon zu uns. Kein Hotel etwa, in dem man heute anrufen kann, wo einem die Telefonistin nicht mit "guten Tag, sie befinden sich in der Telefonzentrale der Wellness-Oase X, mein Name ist Janine, ich hoffe, Sie fühlen sich wohl und es geht Ihnen gut, was kann ich für Sie tun?" kommt. Ich meine, die Tatsache, dass dieses Blödquatschen dermaßen grassiert, muss wohl irgendwie darauf zurückzuführen sein, dass die Leute das okay finden. Ich fühle mir durch so eine Ansage jedenfalls schmerzlich zum "PaX" reduziert, und das macht mich dann fertig.

Das Beste aber unlängst, in einem, neuen, bunten Restaurant eines neuen Luxushotel in Wien: Ein gerade einmal 20jähriger Kellner erscheint bei Tisch und fängt doch tatsächlich damit an, "guten Abend, mein Name ist Gerhard (Name von der Redaktion geändert), ich bin heute Abend Ihr Gastgeber, was kann ich für Sie tun?" zu labern. Was soll der Blödsinn? Der Knabe soll nicht mein Gastgeber sein, der soll meine Bestellung entgegennehmen und mir mein Essen bringen, solange es noch warm ist, aber nicht Atemluft verschwenden, indem er mir den Namen verrät, den ihm seine Eltern gaben und den ich ohnehin in dem Augenblick vergessen habe, in dem er ihn ausspricht. Und wenn ich ihm auch noch erklären muss, was seine Aufgabe als Kellner in einem Restaurant ist, dann wird¹s ohnehin mühsam. Aber immerhin, in Amerika wird dieses blöde Gelabere dann ab und zu auch noch mit einem zackigen "Sir!" beschlossen, zumindest das habe ich in Österreich noch nicht erlebt. Aber ich war jetzt auch schon länger nicht bei Dogudan.