Die Kern- Künstlerschaft der Galerie St.Stephan in der Wiener Secession 1957: Wolfgang Hollegha, Josef Mikl, Markus Prachensky und Arnulf Rainer.

Foto: Sammlung Essl/ Franz Hubmann
Zum dreißigsten Todestag von Otto Mauer haben sich zwei Institutionen wenig Originelles ausgedacht: "St. Stephan" nennt Agnes Essl ihre Sicht im Schömer-Haus, Teile aus Mauers privater Sammlung hängen im Diözesanmuseum auf mittlerweile denkmalgeschützten braun bespannten Stellwänden.


Wien - Gegen die aktuelle Ausstellung St. Stephan wird die Klosterneuburger SPÖ wohl kaum Petitionen einzubringen versuchen. Obwohl wiederum die Essls veranstaltend dahinter stehen. Und das, obwohl aus der einschlägigen Literatur bekannt ist, dass etwa Markus Prachensky Hunderte Liter Rot über eine aufrecht stehende Wand verschüttete. Das war 1959, und es war gedacht als Support-Act für die nachfolgende Demonstration des mit Fliegerbrillen bewehrten Georges Mathieu. Peinture liquide nannte Prachensky sein Vorgehen, seitdem kehren zyklisch Bilderfolgen wieder, die sich im Wesentlichen darin von den jeweils früheren unterscheiden, dass sie immer peinlicher darauf bedacht sind, ihnen zu gleichen.

Prachensky enttäuscht nicht, er affimiert sich selber - ein Erfolgsmodell. Ähnlich statisch und damit von hohem Wiedererkennungswert zeigen sich die Leinwände von Josef Mikl, der es mit ewig gleichen Abstraktionen zu internationalem Erfolg im großen Wiener Redoutensaal gebracht hat, und Wolfgang Hollegha, dem amerikanischsten unter Österreichs Colorfield-Paintern. Der wiederum war ein Rüde aus jener "Hundsgruppe", aus der heraus sich Arnulf Rainer als Einziger erfolgreich losbellte, über einen beträchtlichen Zeitraum hinweg es schaffte, eine Idee zu verfolgen, anstatt vorauseilend sentimental einer Formfindung treu zu bleiben.

Und so sind denn auch Rainers Überdeckung Schwarz auf Tannengrün (1956) oder auch die Varianten von Christusköpfen das Bemerkenswerteste, was sich im Schömer-Haus, dem Klein-Guggenheim Klosterneuburgs, finden lässt. Anlass der Zusammenschau der tonangebenden nationalen Größen ist der dreißigste Todestag ihres Förderers und Mitentdeckers, des Dompredigers von St. Stephan, Monsignore Otto Mauer.

Das war jener Mann der Kirche, der, die metaphysischen Bezüge in den abstrakten Kürzeln seiner Buben deutend, 1954 die Galerie St. Stephan gegründet und damit, auch mangels Alternativen, der nationalen Avantgarde einen Heimathafen errichtet hat. Wofür ihm zwölf Jahre später Josef Mikl zu patriotischem Dank verpflichtet war: "Starrköpfig und ohne das bei uns so oft angeborene Talent zu kleinen Vergleichen, wehrhaft gegenüber Argumenten von Untieren und Miesmachern (...) nie ermüdend bei Durchqueren des heimischen Teiges phantastischer Salonmalerei (...) sind Sie das Beispiel eines guten Österreichers." Weniger gut fand die Amtskirche des Monsignores Bemühen, weshalb es eben auch zur Umtaufe der Galerie von "St. Stephan" in "nächst St. Stephan" gelangte.

Und selbst Otto Mauers unmittelbarer Vorgesetzter, der gemeinhin als liberal geltende Kardinal König, ließ diplomatisch Bedenken anklingen: "Er war ein leidenschaftlicher Priester, fasziniert von der Vision befreiender Reformen, vielfach begabt, ein Freund der Künstler und Brückenbauer zu den Menschen 'draußen vor der Tür'; eingeschränkt freilich auf den intellektuellen Sektor und gehemmt durch seine Wesensart, eine Maske der scheinbaren Arroganz, die wieder nicht wenige abgestoßen hatte."

Weit über das Konzept von Professor Agnes Essl, die nicht mehr als das eigene Sammeln zur Schau stellt, Hinausgehendes lässt sich über Mauer im Diözesanmuseum herausfinden. Dort zeigt man Teile von dessen Kunstsammlung. "Metanoia" wurde die Schau betitelt, ein oft strapazierter altgriechischer Begriff für Buße und Umkehr. Denkt man an die zitierten vier, kommt einem "Akedia" in den Sinn, der Überdruss an der Wiederkehr des Ewiggleichen. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.12.2003)