Hannah Lessing

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Washington - "Eine zentrale Stelle in Österreich, die sich mit Information, Projekten und wissenschaftlicher Forschung zu Holocaust-Fragen befasst, fehlt nach Ansicht der Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für die Opfer des Nationalsozialismus, Hannah Lessing.

Während es in den USA etwa das Holocaust-Gedenkmuseum in Washington gebe oder in den Niederlanden das Anne-Frank-Haus hätte Österreich zwar viele gute Experten, aber keine zentrale Institution, erläuterte Lessing in Washington am Rande eines Treffens einer internationalen Task-Force im US-Außenministerium zur Bekämpfung von Antisemitismus.

Aufarbeitung

In den ehemaligen NS-Konzentrationslagern Mauthausen und Ebensee werde in Gedenkstätten bereits viel Information geleistet. Für die wissenschaftliche Aufarbeitung, Dokumentation und als Sammelpunkt für die vielfältigen Projekte gebe es jedoch keine Anlaufstelle, meint Lessing. Der Nationalfonds selber beschäftige sich neben den Entschädigungsfragen auch mit Projekten zur Information über den Holocaust.

Im Rahmen der Task Force werden nun von Österreich mit der Ukraine Projekte entwickelt, um dort die Bildungssituation über den Holocaust zu verbessern, etwa durch Lehrerseminare und Filmprojekte. Auch der Gedenkdienst, bei dem Österreicher im Ausland in Holocaust-Gedenkstätten arbeiten, sei ein wichtiger Beitrag, lobt Lessing: "Die Gedenkdiener sind die besten Botschafter Österreichs".

Keine Bewegung

In der Frage der Entschädigungen für Opfer des Nationalsozialismus sieht Lessing weiterhin keine Bewegung. Zwei Sammelklagen gegen die Republik Österreich sind noch vor amerikanischen Gerichten offen, die von den Anwälten Jay Fialkoff und Herbert Fenster vertreten werden. Die Blockade werde nun auch durch den Fall der von Maria Altmann zurückgeforderten Klimt-Bilder, in dem das US-Höchstgericht über die Zuständigkeit der US-Gerichtsbarkeit entscheiden soll, weiter anhalten, erwartet Lessing.

Bis Juni 2004 rechnet sie daher überhaupt nicht mit positiven Entwicklungen. Die Ursache für die Blockade trotz der Bemühungen vieler Seiten um eine Entschädigungsregelung kann Lessing nicht nennen: "Ich weiß auch nicht, wo es schief gegangen ist". Der ehemalige Vermittler US-Staatssekretär Stuart Eizenstat, den sie in Washington getroffen hatte, sei ebenfalls frustriert.

Bevor nicht "Rechtssicherheit" eingetreten ist, zahlt die Republik Österreich die im Washingtoner Abkommen vereinbarten Gelder für die NS-Entschädigung nicht aus. Rund 18.000 bis 19.000 Anträge wurden bis zum Ablauf der um sechs Monate verlängerten Antragsfrist am 28. November eingebracht, die Prüfung des Restitutionslage und der Erbberechtigungen der Antragssteller durch die Mitarbeiter des Nationalfonds schreitet voran.

Das Geld für die Entschädigungen, rund 150 Millionen Dollar, sei bisher nicht beim Nationalfonds eingezahlt, daher fallen während der Verzögerung auch keine Zinsen an, erläutert die Generalsekretärin. Am meisten bedauert sie dass durch die Blockade viele der hoch betagten Antragssteller sterben, ohne eine Entschädigung zu bekommen. (APA)