Karl Fluch

Wien - Der Zeitpunkt, gerade jetzt ein neues Blondie-Album, nämlich The Curse Of Blondie zu veröffentlichen, ist nicht schlecht gewählt. Feiern doch Spätgeborene wie The Strokes, The Rapture und andere junge Musiker mehr jene Zeit ab, in der die Band aus New York ihre größten Erfolge verzeichnen konnte und für die sie auch heute noch zu Recht verehrt wird.

Ende der 70er-Jahre wurde Punk in New York bereits mehrheitlich mit der Vorsilbe "Post" versehen und New Wave vereinnahmte dessen schleichenden Tod ebenso wie den von Disco, ja, reagierte im Fall von Blondie sogar erstmals auf das Auftauchen der HipHop-Kultur: mit dem Song Rapture.

Diese erhöhte Aufmerksamkeit kommt Blondie als wesentlichen Protagonisten live entgegen, wie ein teilweise jugendlich durchmischtes Publikum in dem allerdings nur höflich besuchten Gasometer am Dienstag zeigte. Und natürlich weiß Debbie Harry alias Blondie, die mit Chris Stein zusammen auf der Bühne den harten Kern der Band von früher bildet, dass das Auditorium vor allem alte Songs hören will.

Und die lieferte die mittlerweile 58-Jährige bereitwillig: das forsche Atomic, das sehnsüchtige Dreaming und das gebührenpflichtige Hanging On The Telephone wärmten den Saal auf. Zwar wurden Schlagzeug und Bass dabei zu einem grauenhaften Gewaber zusammengemischt, im Laufe des Konzerts gewöhnte man sich aber entweder an den Brei, oder es hatte sich tatsächlich gebessert.

Blondie waren in Spiellaune und sparten nicht mit Verweisen auf früher. Ein Song wurde der toten Punk-Ikone Joey Ramone gewidmet, und der Schlagzeuger trug imagegerecht ein T-Shirt des Punk-Schuppens CBGB - jenes kakerlakenverseuchten Clubs an der New Yorker Bowery, der längst, vereinfachend dargestellt, als Ausgangspunkt der Karrieren der Talking Heads, der Ramones und eben auch von Blondie gilt.

Neben neuen Songs wie Good Boys oder Undone dominierten die meist auf Discomerkmalen aufbauenden Hits von damals: Der Reggae von The Tide Is High wurde von Keyboardquietschern "moderner" gemacht, und bei einer funkigen Version von Rapture durfte der Keyboarder tatsächlich rappen und A Tribe Called Quest zitieren: "Can I kick it?" Nett.

Das Publikum war zufrieden bis begeistert, und es war wohl der zeitlosen Qualität des Songmaterials zu verdanken, dass sich kein peinliches Wickie-Slime-und-Paiper-Gefühls-Karaoke einstellte.