Opposition und Regierung streiten um eine mögliche Beistandspflicht Österreichs

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Brüssel - Österreichs Regierung hat mit der vorgeschlagenen Klausel zum militärischen Beistand unter den EU-Staaten weit weniger Probleme als die anderen bündnisfreien Mitgliedstaaten der Union. Das wurde nach dem Treffen des Euro-Atlantischen Partnerschaftsrates der Nato am Dienstag in Brüssel deutlich.

Während Finnland, Schweden und Irland laut EU-Diplomaten Einwände gegen die stark bindende Formulierung der Beistandsklausel machen, sodass sie am Ende aus der künftigen EU-Verfassung wieder herausfallen könnte, äußerte sich Verteidigungsminister Günter Platter am Rande des Treffens zustimmend: Die Klausel sei Teil einer "ehrlichen europäischen Verteidigungspolitik". Auch Bundeskanzler Wolfgang Schüssel begrüßt in Wien den Vorstoß der großen EU-Staaten: "Ich glaube, dass prinzipiell die Richtung stimmt."

Die Klausel würde nach dem Vorschlag beim EU-Außenministertreffen in Neapel so lauten: "Im Fall eines bewaffneten Angriffs auf das Territorium eines Mitgliedstaats müssen ihm die anderen Mitgliedstaaten zu Hilfe kommen und ihn unterstützen, mit allen in ihrer Macht stehenden Mitteln." Unstrittig war im Konvent dagegen stets eine "Solidaritätsklausel", mit der sich EU-Staaten zum Beistand bei Terrorattacken verpflichten würden.

SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer hat sich am Dienstagabend in der ZiB 2 klar gegen die Einführung einer gegenseitigen Beistandspflicht in der EU ausgesprochen. Damit würde die Neutralität durch die Hintertür abgeschafft. Wenn man die Neutralität ("mit der wir gut gefahren sind") abschaffen wolle, dann sei eine Volksabstimmung zwingend.

Das Verhältnis zwischen der künftigen europäischen Verteidigungspolitik und der österreichischen Neutralität war auch Gegenstand einer Diskussion zwischen dem ÖVP-Abgeordneten Michael Spindelegger und der Grün-Mandatarin Eva Lichtenberger in der Nacht auf Mittwoch in der ZiB 3.

Nach Meinung Spindeleggers ist Österreich innerhalb der EU "schon lange nicht mehr neutral". Die geplante Beistandsverpflichtung sei ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer europäischen Verteidigungs- und Außenpolitik, zu der sich auch die Grünen bekannt hätten. Dabei gehe es jedoch nicht um einen NATO-Beitritt.

Lichtenberger warnte dagegen vor einer Abschaffung der Neutralität "durch die Hintertür" und ohne eine Volksabstimmung. Sie gab auch zu bedenken, dass man auf die "neuen Bedrohungsbilder" Terrorismus und Bürgerkrieg nicht allein militärisch antworten könne. Vielmehr müssten im Sinne der Prävention "soft politics" und eine "Dominanz der Außenpolitik" im Vordergrund stehen. (mab/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 3.12.2003/APA)