"Dry Clean Show": Eine Modemesse von Lisa D
Foto: Joachim Gern
Graz - Wir wissen es schon. Der Mensch ist, was er trägt. Also wird ihm auch gern ordentlich etwas angezogen. Und dass Modenschauen auch Performances sind, ist klar: Hochgetunte Models mimen auf dem Laufsteg den Dialog zwischen Träger und Hüllen, meist mit viel Wiederholung und wenig Differenz. Junge Fashiondesignerinnen wie Lisa D. möchten diese Eintönigkeit durchbrechen und suchen über die Kunstschiene ihr Mehr an Überlegung zu kommunizieren.

Die Uraufführung der Konsumkunst-Performance Dry Clean Show beim steirischen herbst zeigte, wie sehr die neuen Modemacher die Diskurse der Zeit speichern. Da wird mit Zynismus auf Menschenverachtung reagiert. Schicke Sprachverstärker für Randgruppenvertreter, maisgefüllte Hungerbauch-Corsagen für Darbende und Beinprothesen in Sneakers-Design für Minenopfer treten gegen die Political Incorrectness der Global Players an. Auf einem aus Tabletten gefertigten Kleid steht "Aids", auf einem gehäkelten kleinen Schwarzen "Schlank gegen Hunger".

Lisa D. wollte mit Ambivalenz Zeichen setzen. Gescheit: Opposition durch verworfene Affirmation. Aber dummerweise verwarf sich die Dry Clean Show selbst als schlechtes Spektakel mit plattester Dramaturgie, das seinen Nadir in den sogar als Persiflagefiguren grauenhaften "zeitkratzer"-Sängern Marc Weiser und Burkhard Schlothauer fand. Ein funktionierendes Element dieses Show-Downers hätte die Gegenüberstellung von Models und Tänzerinnen sein können. Leider durften sich die Laufstegperformerinnen nicht von ihrem Klischee lösen, blieben kommunikative Prothesen. Intelligenter brachte sich die Choreografin Milli Bitterli ins Spiel. Ihre neun mit fleischfarbenen Bodystockings unbekleideten Tänzerinnen passten ihre Handlungen affirmativ der Show an.

Der Tänzerinnen-Körper stellt als Struktur und Repräsentation an sich ein Kunstmedium dar, dessen Arbeit eine Kunst des Handelns ist. Bitterli verkleidete das Handeln als dem Kontext angepasste Pseudochoreografie. Die Models dagegen wurden in sich selbst stecken gelassen. Der Umgang mit dem Körper ist Indikator für die "Ideologie" hinter einer Idee. Unter diesem Aspekt wird klar, dass Lisa D. sich gar nicht so sehr von den alten Modeherren des Establishments unterscheidet. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 25.11.2003)