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"621.000 Zuseher? Nicht brüllend, wenn man bedenkt, was sich der ORF damit einhandelt." War "Bachelor" die Aufregung wert, fragt sich ein ORF-Stiftungsrat aus dem Regierungslager nach Folge eins.

Glaubt man den Frauen in der Sendung, dann absolut: "Wenn's der Richtige ist, würde ich den auch in einer Woche heiraten." Der "Bachelor" heißt Marcel, ist 29, Banker und sanft, galant, behutsam.

In einer riesigen Villa an der Côte d'Azur sucht er die Zukünftige aus. "Sehr chic bist du", sagt er zur einen, die andere wird mit einem "du riechst so gut" begrüßt.

Fünf Österreicherinnen

Die fünf Österreicherinnen heben sich vom Gesamtbild nicht ab. Simone zum Beispiel, Flugbegleiterin, eher sachlich: "Mein Eindruck ist sehr positiv, er ist sehr charmant, drückt sich sehr gewählt aus, er ist sehr nett."

Nett? Das zählt nicht zu den Begriffen, die Margit Hauft zum "Bachelor" einfallen: "Es ist bedauerlich, dass der ORF Gebühren für eine Produktion verschwendet, in der Frauen zu buhlenden Konkurrentinnen erniedrigt werden."

"Sexistisches Programm"

Hauft leitet die Katholische Frauenbewegung und gehört dem ORF-Stiftungsrat an. Was gedenkt sie dort gegen dieses "sexistische Programm" zu tun, wo es doch "in einem öffentlich-rechtlichen Sender nichts zu suchen hat"?

Ehestmöglich eine Diskussion über die Frau in den Medien im TV, sagt sie dem STANDARD. ORF-Generalin Monika Lindner hat die nach Protesten aus allen vier Parlamentsparteien versprochen. Gibt es einen Termin? "Noch nicht, die Sendung läuft ja lang", erklärt ein ORF-Sprecher. Uns erwarten noch sechs Folgen.

Da hilft die Empörung des Vorsitzenden des ORF-Stiftungsrates nicht: "Der Stiftungsrat hätte gar nicht die Möglichkeit, ins Programm einzugreifen", sagt der Kärntner Raiffeisendirektor Klaus Pekarek dem STANDARD. Würde er dem ORF zu "Bachelor" II raten, wenn Serie I für ihn so unvermeidbar läuft? "Klar nein."

Pekarek stieß auf "platteste Klischees, bis zur Peinlichkeit überstrapaziert" und "an Seichtheit nicht zu überbieten". Wurden gesetzliche Vorgaben eines öffentlich-rechtlichen Programmauftrags verletzt? Darüber "lässt sich streiten". Pekarek sagt "im Zweifel nein", auch wenn ihm eben noch einfiel, dass sich der ORF von Privaten zu unterscheiden hat. RTL produziert "Bachelor" federführend.

"Bachelor" habe "sicher nichts mit dem öffentlich-rechtlichen Kernauftrag zu tun". Warum also? Der ORF finanziere sich zu rund 40 Prozent aus Werbung, komme in heutiger Größe nicht alleine mit Gebühren aus.

"Stumpfsinnige Fleischbeschau"

SP-Abgeordnete Andrea Kuntzl hat nicht Pekareks Geduld: Zahllose Gründe sprächen schon nach Folge eins dafür, die "stumpfsinnige Fleischbeschau" abzusetzen. Einig ist sie mit FP-Frauensprecherin Elke Achleitner: Die ist "erschüttert", dass "Lindner als Frau das durchgehen lässt". So Sexistisches "kann nicht Auftrag des ORF sein", meint Brigid Weinzinger (Grüne). In ihrer Kritik bestätigt sah sich auch Elisabeth Scheucher (VP).

Vielleicht kann ja eine neue ORF-Funktion helfen: Donnerstag endete die Ausschreibungsfrist für den oder die erste Gleichstellungsbeauftragte(n) der Anstalt. (Harald Fidler, Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 21.11.2003)