Als sich George W. Bush am Dienstag während einer seiner von ihm so ungeliebten Pressekonferenzen im Rosengarten des Weißen Hauses durch die eigenen Sätze kämpfte, fiel eine der Botschaften des amerikanischen Präsidenten auffallend milde aus: Syrien und den Iran strafte Bush nach dem Terrormontag in Bagdad nicht ab. Den Regierungen in Damaskus und Teheran gab er noch keine direkte Schuld an "ausländischen Kämpfern" im Irak. Anders als die Hardliner in der US-Regierung.

"Wir arbeiten eng mit diesen Ländern zusammen", formulierte Bush, "um sie wissen zu lassen, was wir von ihnen erwarten: die Grenzen abzusichern und Leute daran zu hindern, die Grenzen zu überschreiten - wenn wir sie dann tatsächlich dabei fangen."

Gefangen haben irakische Polizisten bei den Terroranschlägen in Bagdad am vergangenen Montag einen Attentäter, der einen syrischen Ausweis bei sich gehabt haben soll. Bereits Mitte September hatte John Bolton, Staatssekretär für Abrüstungsfragen im US-Verteidigungsministerium, bei einer Anhörung im Kongress erklärt, Syrien erlaube "Freiwilligen", in den Irak zu reisen und dort Anschläge auf US-Soldaten zu verüben. Bolton ist auch derjenige in Washington, der immer wieder behauptet, Syrien besäße ein Arsenal an Chemiewaffen. Beides - den Transfer von Terroristen wie den Besitz von C- Waffen - bestreitet Damaskus nachdrücklich und bleibt doch im Zwielicht.

Seit 9/11 gleichen die Beziehungen zwischen Syrien und den USA dem Wagen auf der Achterbahn. In den Monaten nach den Terroranschlägen in New York und Washington lobte die US-Regierung noch verstohlen die Zusammenarbeit mit Damaskus, das vor allem einige Hinweise über die Hamburger Zelle der Al- Kaida-Piloten geliefert hatte. Seither steuert der Wagen eher nur noch bergab. "Neue strategische Dynamik" nannte US-Außenminister Colin Powell höflich drohend nach dem gewonnenen Irakkrieg, was aus der Sicht von Damaskus nichts anderes als ein Zusammenbruch der außenpolitischen Kulisse war: Syrien war plötzlich eingekreist vom Nato-Land Türkei, dem Gegner Israel und vom Irak als neuem US-Protektorat; mit dem Ölschmuggel aus dem Nachbarland und an den UN- Sanktionen vorbei war zudem auch Schluss.

Als Powell im Mai dieses Jahres Staatspräsident Bashar al-Assad besuchte und die "neue strategische Dynamik" in der Region erläuterte, die Damaskus zur Kooperation mit den USA zwinge und zur Überstellung etwaiger Flüchtlinge des Saddam-Regimes, wollte er den Syrien-Stürmern in Washington den Wind aus den Segeln nehmen, verlangte aber zugleich die Schließung aller Büros der radikalen Palästinensergruppen in Syrien - ein anderes Kapitel, das nun gern an die Geschichte vom syrischen Terrortransfer in den Irak angeschlossen wird.

US-Kommandeure, die das irakisch-syrische Grenzgebiet überwachen lassen, haben einem Bericht der Washington Post vom Mittwoch zufolge keine Hinweise auf illegale Grenzübertritte. Dies zumindest würde die Zurückhaltung des US-Präsidenten erklären. (Markus Bernath/DER STANDARD, Printausgabe, 30.10.2003)