St. Wolfgang - Für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) zeigt das heute, Mittwoch, präsentierte dritte Konjunkturpaket der schwarz-blauen Koalition, „dass wir jetzt mit Hubert Gorbach und Herbert Haupt das Arbeitstempo deutlich beschleunigt haben". Die Regierung wolle den Österreichern das Gefühl vermitteln, „hier wird gemeinsam etwas bewegt“, betonte Schüssel bei einer Pressekonferenz am Rande der ÖVP-Klubklausur in St. Wolfgang.

Vom gestern, Dienstag, präsentierten OECD-Bericht über die wirtschaftliche Lage Österreichs fühlt sich Schüssel bestätigt. Dass der Bericht von einigen Medien als Kritik am schwarz-blauen Sparkurs interpretiert werde, kann Schüssel nicht nachvollziehen: Die OECD habe nicht den Sparkurs kritisiert, sondern in manchen Bereichen zu noch ambitionierterem Vorgehen geraten.

"Wachstumsvorsprung"

Für kommendes Jahr erwartet Schüssel ein Wirtschaftswachstum von zwei, für 2005 von 2,5 Prozent. Damit werde das Wachstum wie schon in den vergangenen Jahren über dem Durchschnitt der Euro-Zone liegen. „Wir haben einen Wachstumsvorsprung, aber ich glaube trotzdem nicht, wir haben das Potenzial schon voll ausgeschöpft haben“, so Schüssel.

Deshalb werde man beim Konjunkturpaket stark in Forschung und Bildung investieren und auch die privatwirtschaftliche Forschung mit 100 Millionen Euro jährlich steuerlich fördern. „Was wir erwarten, ist, dass die private Wirtschaft ihren Teil einbringt“, betonte Schüssel. Es könne nicht sein, dass Forschung ausschließlich Sache der öffentlichen Hand sei. Die Mittel der Notenbank und des ERP-Fonds werden zusammengelegt und sollen jährlich 125 Millionen Euro für die Forschungsförderung abwerfen.

In den Infrastrukturausbau werden von 1999 bis 2010 laut Schüssel insgesamt 32 Milliarden Euro fließen, davon 18 Milliarden in den Straßen- und 14 Milliarden in den Schienen-Ausbau. Es werde mehr investiert, als in irgendeinem Jahrzehnt zuvor, „damit haben wir unsere Hausaufgaben gemacht“, glaubt Schüssel. Zudem werde es eine gesetzliche Grundlage für öffentlich-private Mischfinanzierung geben ("Public Private Partnership").

Wie viel Geld die Regierung im Rahmen des Konjunkturpaketes III tatsächlich locker machen wird, wollte Schüssel nicht sagen. Er lud die Medienvertreter ein, sich die Gesamtsumme selbst auszurechnen. Die einzelnen Posten habe er genannt, betonte der Kanzler. Die getrennte Präsentation des Pakets (FPÖ in Wien, ÖVP in St. Wolfgang) sieht Schüssel als Zeichen, dass beide Koalitionspartner ihre eigene Identität hätten. Die Inhalte habe man zuvor selbstverständlich außer Streit gestellt.

VP-Klubchef Wilhelm Molterer betonte, das Konjunkturpaket berühre eine der „Lebensfragen“ der Österreicher. Vollbeschäftigung und Arbeit seien nach wie vor zentrale Themen. Gleiches gelte für die ebenfalls bei der Klubklausur besprochenen Sicherheits- und Bildungsfragen. Die ÖVP habe damit eine „solide Grundlage für gute Arbeit".

Zur Steuerreform betonte Molterer einmal mehr, das für 2005 geplante Paket werde Ende Jänner vorgestellt und vor dem Sommer im Nationalrat beschlossen. Schüssel bekräftigte den Zeitplan für das Konjunkturpaket: Punktation im Ministerrat am 11. November, tags darauf soll das Paket per Initiativantrag im Nationalrat eingebracht werden.

Lehrlingsausbildung auf Modulsystem umstellen

Als Maßnahme für den Arbeitsmarkt ist im Konjunkturpaket die bereits im Juli präsentierte Umstellung der Lehrlingsausbildung enthalten. 260 Lehrberufe werden in rund 100 Basismodule zusammengefasst. Eine Spezialisierung erfolgt erst ab dem zweiten Lehrjahr. Angeführt wird auch die Verlängerung des Lehrlingsauffangnetzes.

Weitere Maßnahmen im Bereich des Arbeitsmarktes betreffen einen Ausbau der Arbeitslosenversicherung für Selbstständige zur Förderung des Wechsels zwischen unterschiedlichen Erwerbsformen. Neu gefasst werden sollen die Zumutbarkeitsbestimmungen „zur frühzeitigen aktiven Eingliederung in den Arbeitsmarkt bei gleichzeitiger Berücksichtigung des Strukturwandels". Für Frauen sind gezielte Arbeitsmarktmaßnahmen sowie Maßnahmen für Qualifikation und Ausbildung während und nach der Karenz vorgesehen.

Angestrebt wird schließlich insgesamt eine Neuregelung der Arbeitszeitbestimmungen, um Betrieben einen flexibleren Einsatz von Arbeitskräften zu ermöglichen.

"Aktionsplan für Wachstum und Arbeitsplätze“

Schließlich sieht der ÖVP-"Aktionsplan für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze“ Maßnahmen vor, die Österreich für ausländische Schlüsselarbeitskräfte attraktiver machen sollen. Familienangehörige sollen sofort unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten, bisher war das - wenn die Betroffenen nicht selbst die Schlüsselkräfte-Kriterien erfüllen - erst nach einem Jahr möglich. „Top-Führungskräfte“ mit „mehrfach höherer Entlohungsgrenze als „normale’ Schlüsselkräfte“ sollen ihr „angestammtes Support- und Hauspersonal“ wie Sekretär oder Kindermädchen mitbringen können.

Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, Finanzminister Karl-Heinz Grasser und Finanzstaatssekretär Alfred Finz haben in ihrem Papier schließlich die bereits präsentierte Exportförderungsoffensive aufgenommen, über die heuer und im kommenden Jahr insgesamt 100 Mio. Euro lockergemacht werden sollen.

Ebenfalls zwischen ÖVP und FPÖ vereinbart wurde eine „Breitbandinitiative“ im Telekommunikations-Bereich. Der Bund stellt für Fördermaßnahmen 10 Millionen Euro zur Verfügung. (APA)