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Die Büchse der Pandora (auf einem Gemälde von Dante Gabriel Rossetti) ist mit dem Irakkrieg geöffnet worden.

Foto: APA/EPA/Christies
Berlin/Den Haag - Die antiamerikanischen Anschläge im Irak zu Ramadan-Beginn werden auch am Mittwoch ausführlich kommentiert:

"Berliner Zeitung":

"Die US-Streitkräfte eilen von Sieg zu Sieg. Das Siegen geschieht zwar eher im Verborgenen, sichtbar werden die Siege aber durch den Widerstand gegen sie. George W. Bush fasste die Lage im befreiten Irak mit diesen schönen Worten zusammen: 'Je erfolgreicher wir sind, je mehr Fortschritte wir machen, je freier die Iraker werden, die Stromversorgung und Schulen wieder funktionieren und je mehr Arbeitsplätze geschaffen werden, desto verzweifelter werden diese Kriminellen', - also die Attentäter, die Tag für Tag den Eindruck erwecken wollen, die Befreier seien im Irak nicht willkommen. Auch Paul Bremer, der amerikanische Verwalter, verwies auf die 'wunderbaren Erfolge'. Einst erzählte der irakische Informationsminister, der mit den Ehrentitel Comical Ali, solch wunderbare Geschichten aus Bagdad. Kurz vor seinem Weggang hatte er berichtet: 'Die ungläubigen Horden sind im Zentrum von Bagdad eingekesselt.' Jetzt erst sehen wir, wie nah seine Wahrheit der Realität kommt. Und rechnen stündlich damit, dass er seine Kunst in amerikanische Dienste stellt."

"Süddeutsche Zeitung":

"Niemand kann den Hilfsorganisationen einen Vorwurf machen, wenn sie nun ihr internationales Personal im Irak stark reduzieren, wenn nicht sogar ganz abziehen. Entscheidend ist dabei die Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitern, die mutig sein müssen - aber nicht lebensmüde. Tote Helfer sind keine Hilfe für die Iraker. Und so lange die amerikanischen Soldaten keine Sicherheit im Land an Euphrat und Tigris herstellen können, bleibt humanitäre Hilfe eine aussichtslose Mission. Nun könnte man daran denken, die Hilfsorganisationen unter den direkten Schutz des Militärs zu stellen, sie zum Beispiel zu ihren Einsatzorten zu eskortieren oder Krankenhäuser mit Panzern, Soldaten und Stacheldraht zu sichern. Viel Sinn machen diese Gedankenspiele nicht, denn es ist zu befürchten, dass die Helfer dann erst recht zur Zielscheibe werden, zumal wenn die Beschützer so viel Hass und Zorn auf sich ziehen wie die Amerikaner im Irak."

"Algemeen Dagblad":

"Auch in den USA wird immer öffentlicher über die Unwahrhaftigkeit gesprochen, mit der die Regierung Bush die Probleme im Irak darstellt. Die Reihe neuer Bombenanschläge in Bagdad zeigt, wie bedrohlich die Situation im Land immer noch ist. Gegen besseres Wissen behaupten die Amerikaner, dass trotz aller Gegenschläge täglich Fortschritte erzielt werden. Die Fakten sprechen aber eine andere Sprache."

"Handelsblatt":

"Selbst Militärexperten reden mittlerweile ungeschminkt über das frühere Tabu-Wort: 'Die Überlegungen in der US-Regierung, bei der Bekämpfung des Gegners die eigene technische Überlegenheit auszuspielen, erinnern stark an Vietnam', unterstrich Gebhard Schweigler vom Nation War College in Washington, einer Elite-Universität für zukünftige Generäle. Der ehemalige Luftwaffen-Oberst Sam Gardiner verglich die jüngsten Anschläge zu Beginn des Fastenmonats Ramadan mit der Tet-Offensive in Vietnam 1968..."

"Rhein-Zeitung":

"Der Irak wird zum Schlachtfeld, das alle zivilisatorischen Grundregeln außer Kraft setzt, das sämtliche Kräfte anzieht, die den Westen endgültig am Boden sehen wollen (...) Verliert der Westen diesen Kampf, könnte sich die terroristische Internationale zu einem Großangriff ermuntert fühlen. Die Amerikaner stehen vor den Trümmern ihrer Anti-Terror-Politik. Mit dem Irak-Krieg haben sie die Büchse der Pandora geöffnet."

"Le Monde":

"Mit dem Ziel, Massenvernichtungswaffen zu finden, die unauffindbar bleiben, wurde der Krieg gegen ein Regime begonnen, das die Menschenrechte mit Füßen trat, den radikalen Islamisten aber keine Basis bot. Sechs Monate später ist der Irak zum Schauplatz für groß angelegte Operationen des islamischen Terrorismus geworden."

"Washington Post":

"Es besteht kein Grund zu der Annahme, dass die Amerikaner ihr Ziel einer Stabilisierung des Irak nicht erreichen werden. Die Ideen sind richtig, bei Licht betrachtet stellt sich allerdings die Frage, ob die US-Streitkräfte angesichts der stetigen Eskalationen die richtige Taktik gewählt haben und ob sie über ausreichende Ressourcen für diese Aufgabe verfügen. Mehr Truppen insgesamt, oder mehr Soldaten, die feindliche Angriffe abwehren, würden sicherlich helfen."

"La Stampa":

"Bush steht vor der Notwendigkeit, die Signale der Ablehnung aus der öffentlichen Meinung anzugehen und zu versuchen, Botschaften der Beruhigung zu versenden. Etwa, dass keine Erhöhung der Truppenstärke an der Irak-Front vorgesehen ist. Oder, etwa bei den Themen Nordkorea und Iran, dass dabei nicht an militärische Aktionen gedacht wird, weil es auch friedliche Mittel gibt."

"Frankfurter Rundschau":

"Frust, Intrigen und immer neue Kabalen zermürben die (US-)Administration. Aus dem Alle-für-Einen (Bush) ist ein Jeder-gegen-jeden geworden; ausgerechnet jetzt, wo der Präsident klugen Rat am meisten braucht. Doch seit es keine Erfolge mehr zu feiern, sondern die teure und verfahrene Irak-Besatzung gegen wachsende Kritik zu verteidigen gilt - wo alle mit anfassen müssten, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen und das schlamasselige Irak-Abenteuer vor der Wahl im kommenden Jahr noch irgendwie in einen vorzeigbaren Sieg umzumünzen, treten die inneren Konflikte immer deutlicher hervor." (APA/dpa)