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Noch wird ein kleiner Teil des Wiener Abfalls wird auf die Mülldeponie am Rautenweg gekarrt

Foto: APA/ Wolfgang Kumm

Wien - Das Vorhaben "dritte Wiener Müllverbrennung" kommt langsam in die heiße Phase. Seit dieser Woche liegen die Einreichungsunterlagen für die Umweltverträglichkeitserklärung auf. Am Freitag wurde allerdings auch die erste offizielle Protestkundgebung gegen das Projekt inszeniert - die Wiener Grünen marschierten mit zwei "Mistkäfern" vor der Müllverbrennung Spittelau auf.

Überkapazitäten

Mit der neuen Anlage würden Überkapazitäten geschaffen, argumentierte Grünen-Umweltsprecher Rüdiger Maresch. Für die nächsten Jahre müsse laut Prognosen eine Mistmenge von zusätzlich 50.000 bis 100.000 Tonnen bewältigt werden - die neue Anlage werde aber auf 250.000 Tonnen ausgelegt. Maresch fordert anstelle der Verbrennung einen Ausbau der Bioabfallsammlung, des Reparaturwesens und eine bessere getrennte Sammlung von Verpackungsabfällen.

Wichtiger Hintergrund für die Verbrennungspläne: Noch wird ein Teil des Wiener Abfalls auf die Mülldeponie am Rautenweg gekarrt. Aber ab 2004 darf per Gesetz nur noch vorbehandelter Mist deponiert werden. "Wir haben derzeit einen Überhang von 150.000 Tonnen Müll", nennt Umweltstadträtin Isabella Kossina (SP) im STANDARD-Gespräch ihre Zahlenversion.

Vorbehandelter Mist

Intern ist im Rathaus aber auch zu hören, dass mit dem gerade fertig gestellten vierten Wirbelschichtofen in den Entsorgungsbetrieben Simmering die Wiener Verbrennungskapazität bereits abgedeckt sei. Dem widerspricht Kossina vehement: "In der vierten Wirbelschicht wird in der Übergangszeit zwar vorbehandelter Mist verbrannt - später brauchen wir diese Kapazität für zusätzlichen Klärschlamm aus der neuen Hauptklärung."

Zur Erinnerung: Ursprünglich war bei einer Strategischen Umweltprüfung festgelegt worden, dass eine weitere Müllverbrennung errichtet, aber der Flötzersteig zugesperrt werden solle. Bürgermeister Häupl entschied nach massiven Simmeringer Protesten, dass der Flötzersteig in Betrieb bleibt und dafür der neue Müllofen kleiner wird.

Die Biogasanlage

Die dritte Müllverbrennung soll 175 Millionen Euro kosten, der Probebetrieb 2007 starten. Schon 2006 soll am gleichen Standort in der Simmeringer Pfaffenau die neun Mio. Euro teure Biogasanlage in Betrieb gehen. Hier sollen in der Innenstadt gesammelte Bioabfälle mit schlechterer Qualität zu Biogas und Strom verarbeitet werden.

Aber auch dieses Vorhaben ist umstritten. Kritiker bemängeln die zu erwartende geringe Energieeffizienz des Wiener Systems. "Dazu wird von der Umweltanwaltschaft eine Studie erstellt", erklärt Kossina. Auf die Frage, ob die Empfehlungen dann umgesetzt werden, meint die Umweltstadträtin: "In der Studie wird mit einem Salzburger System verglichen, wo aber mit trockenem Material gearbeitet wird. Wir arbeiten mit nassem Material, daher ist das schwer zu vergleichen." Kritiker meinen: Genau das sei der Punkt - dass andere Systeme besser seien. (Roman Freihsl, DER STANDARD Printausgabe 26/27.10.2003)