"Falscher Weg"
"Wir sind auf dem falschen Weg", lehnte Leitl - in einem Hintergrundgespräch, über das am Freitag mehrere Zeitungen berichteten - einen Rechtsanspruch der Eltern ab. Die Wirtschaft sei bereit, freiwillig neue Teilzeitarbeitsplätze zu schaffen. Das könne man in einer freiwilligen, aber formellen Vereinbarung zwischen Wirtschaft, Sozialpartnern und Politik fixieren. Sollte das vereinbarte Ziel nicht erreicht werden, könne der Gesetzgeber immer noch tätig werden. Bei den Betrieben würden jedenfalls "Anreize und Bewusstseinsbildung" eher zum Ziel führen. Leitl plädiert auch für finanzielle Anreize, etwa AMS-Gelder für die Finanzierung von Ersatzarbeitskräften.
"Absicht auf bessere Weise verwirklichen"
Man stehe zum Ziel der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und wolle dieses Ziel von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) auch "nicht killen, sondern die Absicht auf bessere Weise verwirklichen", betonte Leitl. Es dürfe nicht die ganze Verantwortung für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie den Familien aufgelastet werden, meinte Wirtschaftsbund-Generalsekretär Karl-Heinz Kopf - der ebenfalls kommendes Wochenende wiedergewählt werden soll. Nicht festlegen wollte er sich, ob er und andere Wirtschaftsbund-Mandatare ein Gesetz zu Fall bringen würden. Er glaube, dass Schüssel und VP-Klubobmann Wilhelm Molterer die Bedenken ernst nehmen würden.
ÖVP und FPÖ haben im Ministerrat bereits eine Punktation beschlossen, wonach Eltern, die in einem Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern beschäftigt sind, bis zum siebten Geburtstag des Kindes einen Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit bekommen sollen. Ein Gesetzesentwurf soll kommende Woche in Begutachtung gehen. Dabei werde man auch bleiben, wurde - laut "Wiener Zeitung" - im Wirtschaftsministerium erklärt. Dort war man vom Meinungsschwenk der Wirtschaft überrascht und verwies auf die Einbeziehung der Sozialpartner bei der Eltern-Teilzeit.
Molterer beharrt auf Koalitionsmodell
ÖVP-Klubchef Willi Molterer beharrt entgegen den Forderungen des ÖVP-Wirtschaftsflügels auf dem Koalitionsmodell für die Eltern-Teilzeit mit einem gesetzlichen Anspruch in Betrieben über 20 Mitarbeitern: "Die Entscheidung ist klar." Der Ministerratsbeschluss dazu sei eine "sehr vernünftige Grundlage, mit der auch in die Begutachtung gegangen wird", sagte er am Freitag auf Anfrage der APA. Dieser Beschluss sie die "Grundlage" - wenn man auch für "Verbesserungsvorschläge", die sich aus der Begutachtung ergeben, offen sei.
Dass der Wirtschaftsbund eine eigene Meinung zur Eltern-Teilzeit hat, ist für Molterer kein Problem. Er verwies auf die mögliche Diskussion und "Willensbildung" innerhalb der Partei. Es sei auch nicht notwendig, den Wirtschaftsbund etwa zurückzupfeifen.
Insgesamt sieht der VP-Klubchef die Eltern-Teilzeit in der von der Regierung beschlossenen Form als einen "Durchbruch für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie". Gemeinsam mit dem "großen Wurf" Kindergeld und der Initiative von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) für eine verbesserte Nachmittagsbetreuung an Schulen könne man ein "sozialpolitisches Gesamtkonzept" präsentieren.
FPÖ sagt Nein zu Leitl-Vorstoß
"Nein" sagt die FPÖ zur Forderung des Wirtschaftsbund-Präsidenten Christoph Leitl, die geplante Eltern-Teilzeit zurückzustellen: "Wenn Leitl sich vor den Wirtschaftsbund-Wahlen noch schnell profilieren muss, dann sicher nicht auf dem Rücken der Familien", erklärte die freiheitliche Generalsekretärin Magda Bleckmann Freitag per Aussendung. Leitls Argumentation nach "freiwilliger Selbstbindung" sei "fadenscheinig". Der Wirtschaftsbund-Präsident wolle in Wirklichkeit die Eltern-Teilzeit auf die lange Bank schieben und aufweichen.
Rauch-Kallat steht hinter Ministerrats-Entwurf