Das dahinter liegende, wahre Problem liegt im politischen System: Im Südtiroler Konkordanzmodell wird eine maximale Einbindung aller Sprachgruppen in die Entscheidungsbefugnisse angestrebt. Andererseits kann man die Antiautonomiepartei Alleanza Nazionale nicht in die Landesregierung nehmen. Das bedeutet, dass 70 Prozent der italienischen Zivilgesellschaft in den Entscheidungsgremien nicht vertreten sind. Das ist ein Systembruch, damit kommt die gesamte Autonomie ins Rutschen. Da schwelt es, weil die Leute sich einfach nicht vertreten fühlen.
STANDARD: Ein anderes System ist jenes der "Sammelpartei" SVP, das ein Defizit an innerer Demokratie im Land bedingt.
Pallaver: Natürlich herrscht die SVP über das Land in einem Ausmaß, das weit über ihre numerische Vertretung im Landtag hinausgeht. Südtirol bekommt weit mehr Geld vom Staat Italien, als an Steuern nach Rom abgeführt werden. Die SVP ist sozusagen eine Verteilungsagentur dieses geschenkten Wohlstandes.
Unter der Decke der Prosperität regen sich allerdings Bedürfnisse, auf die alle Parteien im Land bisher den Deckel gehalten haben. Untersuchungen weisen nach, dass es etwa ein breites Bedürfnis nach einem engeren Zusammenleben gibt. Der Deckel des Systems verwehrt den Menschen das allerdings.