Irak
Übers Geld gebietet Bremer
Großaufträge für US-Konzerne, "Peanuts" für die Einheimischen
Die Schar von Irakern, die zur
Geberkonferenz nach Madrid
gereist ist, unter ihnen Mitglieder des provisorischen Regierungsrates und Kabinettsminister, hat auf dem Parkett
der Finanzdiplomatie nur die
Statistenrolle. Denn über das
Geld, das derzeit im Irak an
Beamte ausbezahlt, in Wiederaufbauarbeiten gesteckt oder
sonst wie verteilt wird, entscheidet noch einzig und allein die US-Verwaltung unter
ihrem obersten Administrator
Paul Bremer.Den Staatshaushalt für das
Restjahr 2003 erließ Bremer
per Dekret, der für das Jahr
2004 erfuhr immerhin noch
die Billigung durch den Regierungsrat, ein von Bremer im
Juni eingesetztes Gremium.
Da es im Augenblick weder
nennenswerte Steuern und
Zölle gibt, speisen sich die
Budgeteinnahmen aus zwei
Quellen: den immensen US-
Transferzahlungen - im jüngsten, von Bush beim Kongress
beantragten 87-Milliarden-
Dollar-Paket sind 20 Milliarden für Bremer vorgesehen -
sowie aus den Erdöleinkünften des Landes. Die liegen allerdings noch unter der Hälfte
des Vorkriegsniveaus.
Weltbank-Fonds
Ein paar Milliarden Dollar
ließ schließlich der Saddam-
Clan auf seiner Flucht zurück
- auch dieses Geld wanderte
in den von Bremers Behörde
verwalteten "Entwicklungsfonds für den Irak". Neben diesen Fonds soll nun aber noch
eine von der Weltbank kontrollierte Vergabestelle treten.
Von den Zuwendungen der
amerikanischen Steuerzahler
und den langsam tropfenden
Erlösen des irakischen Öls
profitieren hauptsächlich US-
Firmen mit Zugang zur Bush-
Regierung. Der Baukonzern
Bechtel - in den letzten
Kriegstagen noch mit einem
Mantelvertrag von 780 Mio.
Dollar bedacht - lädt jeden
Donnerstag zusammen mit der
US-Verwaltung zu Auftragsvergabe-Meetings. "Da geht es
bloß um Peanuts", meint der
Chef einer Bagdader Baufirma, die einst Brücken und
Tunnels baute. Jetzt ergattert
er gerade einmal einen Auftrag für die Reparatur von ein
paar Toiletten in einer Schule. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2003)