Holziken - Gegen den Präsidenten der Aargauer Kantonalpartei der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) und Nationalratsabgeordneten Hans Ulrich Mathys aus Holziken ist der Vorwurf erhoben worden, er habe bei den jüngsten Parlamentswahlen vergangenen Sonntag Stimmzettel für Dritte ausgefüllt und Stimmenfang betrieben. Das Aargauer Departement des Innern hat deshalb strafrechtliche Ermittlungen durch die Kantonspolizei einleiten lassen. Den Vorwurf des Stimmenfangs weist Mathys zurück. Er habe zwar 15 bis 20 Stimmzettel von Dritten ausgefüllt, aber mit deren Einverständnis. Darin vermag er nichts Unrechtes zu erkennen, betonte der Politiker. In Holziken konnte sich die SVP einen Anteil von 75,4 Prozent der Stimmen sichern.

Die Polizeibehörden prüfen, ob das Wahlergebnis auf unzulässige Weise beeeinflusst wurde und ob Verstöße gegen Wahlgesetzgebung und Strafgesetzbuch vorliegen. "Diese Leute wollten der SVP und mir ihre Stimme geben. Sie baten mich, ihnen beim Wählen zu helfen", erklärte er. Die Unterlagen seien gemeinsam ausgefüllt und die Stimmrechtsausweise danach von den Hilfesuchenden unterschrieben worden. Blanko-Unterschriften habe er weder verlangt noch bekommen. Die SVP Aargau sprach von einer "erstaunlich schnellen Vorverurteilung" ihres Präsidenten. Der Eindruck, dass versucht werde, den Wahlerfolg der SVP im Aargau "mit Hüftschüssen zu torpedieren", erhärte sich.

Tauziehen um künftige Regierung

Nach den Parlamentswahlen vom vergangenen Sonntag, aus denen SVP mit ihrem Zugpferd, dem Zürcher Nationalrat Christoph Blocher, als stärkste Kraft hervorgegangen ist, hat in Bern das Tauziehen um die Zusammensetzung der neuen Regierung begonnen, die am 10. Dezember von der Bundesversammlung gewählt werden soll. Die SVP erhebt für Blocher Anspruch auf einen zweiten Sitz im siebenköpfigen Bundesrat. Dadurch kommt die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) als schwächste Bundesratspartei unter Druck, auf einen ihrer beiden Minister zu verzichten. Andernfalls würde die SVP ihre Regierungspräsenz und damit das Konkordanzsystem beenden.

 Blocker will zweiter SVP-Bundesrat werden

Christoph Blocher sagte am Mittwochabend gegenüber der "Rundschau" des Schweizer Fernsehens, er hoffe, die CVP werde sich dazu durchringen, einen ihrer beiden Bundesräte (Wirtschaftsminister Joseph Deiss und Justizministerin Ruth Metzler) zurückzuziehen. Zugleich schloss der SVP-Bundesratskandidat aus, dass er den frei werdenden Sitz des zurücktretenden Finanzministers Kaspar Villiger von der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) übernehmen könnte. Eine solche Option nannte Blocher "unmöglich." Falls er nicht gemeinsam mit dem bisherigen SVP-Bundesrat Verteidigungsminister Samuel Schmid, sondern an dessen Stelle gewählt werden sollte, dann werde er die Wahl nicht annehmen, betonte Blocher. Mit ihm selber und Samuel Schmid wolle die SVP "die beiden Besten" im Bundesrat haben.

Schmid, ein Exponent des moderaten Minderheitsflügels der SVP, hatte am Dienstag vor den Delegierten der Berner Kantonalpartei erklärt, er wolle frei entscheiden über seinen Verbleib im Bundesrat. Er verpflichte sich zu nichts im Fall einer Nichtwahl von Blocher, sagte er. SVP-Chef Ueli Maurer forderte vom Verteidigungsminister ein Bekenntnis zur Linie der Partei und lehnte eine Urabstimmung aller Parteimitglieder "aus rechtlichen wie technischen Gründen" ab.

Zauberformel

Die Zusammensetzung der Schweizer Regierung war seit den späten Fünfzigerjahren durch die "Zauberformel" festgelegt (zwei Freisinnige, zwei Sozialdemokraten, zwei Christdemokraten und ein SVP-Vertreter). Christdemokraten und Freisinnige haben bei den jüngsten Wahlen schwere Verluste erlitten.

SVP-Sprecher Yves Bichsel erklärte in Bern, wenn die CVP nicht freiwillig zur Kenntnis nehme, dass ihre Zeit abgelaufen sei, rücke die Abwahl eines ihrer Bundesräte in den Bereich des Möglichen. Anstelle eines Freisinnigen einen SVP-Vertreter zum Nachfolger von Villiger zu wählen, komme nicht in Frage. Die Parteien müssten ihrer Stärke entsprechend in der Regierung vertreten sein.

SVP erteilt rein bürgerlichem Bundesrat Absage

Spekulationen über die Bildung eines rein bürgerlichen Bundesrats aus drei SVP- und je zwei FDP- und CVP-Vertretern durch Abwahl der beiden Sozialdemokraten (Verkehrs- und Energieminister Moritz Leuenberger und Außenministerin Micheline Calmy-Rey) hat die SVP-Führung unterdessen eine Absage erteilt, indem sie sich zur Konkordanz bekannt hat. Dafür haben die Kommunisten, die drei Abgeordnete im neu gewählten Nationalrat stellen, die Sozialdemokraten zum Austritt aus der Regierung aufgefordert. "Die schwächste Linke Europas muss in die Opposition, um Widerstand zu leisten und die sozialen Errungenschaften zu verteidigen", hieß es in einer Erklärung der Partei der Arbeit (PdA). Eine Regierungszusammenarbeit der Sozialdemokraten mit der SVP empfindet die PdA, die eine Fraktionsgemeinschaft mit den Grünen anstrebt, als "politischen Skandal".(APA/sda)