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Foto: APA/Barbara Gindl
Wien - Der für Donnerstag im Parlament geplante Beschluss des mehrfach als verfassungswidrig bezeichneten neuen Asyl- und Bundesbetreuungsgesetzes lässt Alfred Dirnberger zu drastischen Vergleichen greifen. Es mache "doch keinen Sinn, dem skandalösen Umgang Silvio Berlusconis mit Recht und Gerichten Konkurrenz zu machen", meint der Vizepräsident der Arbeiterkammer Niederösterreich und VP-Landtagsabgeordnete.

Ein Ja zu den umstrittenen Gesetzen würde Österreich tiefer in solche "italienischen Zustände" führen, appelliert Dirnberger im Gespräch mit dem Standard an seine Parteikollegen im Nationalrat. Die Erfahrungen mit der erst vor wenigen Tagen vom Verfassungsgerichtshof gekippten Hauptverbandsreform, - "einem Herzstück der Regierungspolitik" - sollten Warnung genug sein, um zu erkennen, dass auch in Sachen Asyl "eine rechtliche Blamage, ein innenpolitisches Debakel drohen".

Christlich-soziale Chance

Zudem würden die neuen Regelungen, wie der ehemalige ÖVP-Klubobmann und Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser meint, "die EU-Grundrechtscharta verletzen". Vor allem das geplante Neuerungsverbot, das Asylbewerbern im Berufungsverfahren in der Regel das Vorlegen neuer Beweise verbietet, sei diesbezüglich problematisch.

Dirnberger ruft "jene Hälfte der ÖVP-Mandatare, die dem Österreichischen Arbeiter- und Angestelltenbund ÖAAB angehören" auf, der Asylgesetznovelle nicht zuzustimmen. Ihr Nein "wäre eine neue Chance für christlich- soziale Politik", meint er. Doch im ÖVP-Klub des Parlaments stoßen seine Ansichten auf Unverständnis. Er sei "enttäuscht", dass sich der Kollege "ohne Rücksprache" an die Öffentlichkeit wende, meint Sicherheitssprecher Günter Kössl.

Zudem glaube er, Kössl, nicht, "dass sich Dirnberger mit der Materie ausreichend beschäftigt hat". Während dieser betont, er sei "persönlich überzeugt, dass sich der Koalitionspartner FPÖ in der Regierung beim Thema Asyl besonders aktiv zeigt".

Appelle in letzter Minute, die Asylgesetze nicht zu beschließen, kommen auch von Caritas und Volkshilfe; die NGOs wären vor allem von der im neuen Bundesbetreuungsgesetz festgeschriebenen Außerkraftsetzung von Regressansprüchen für die Asylwerberbetreuung schwer getroffen. "Die Menschenwürde vieler Flüchtlinge und ein vernünftiges Miteinander von Bund und Ländern liegt in Ihren Händen", wendet sich Caritas-Präsident Franz Küberl in einem offenen Brief an alle Nationalratsabgeordneten.

Bisher habe die Caritas bei Gesprächen mit dem Innenministerium "alles darauf ausgerichtet, eine Verhandlungslösung zu erzielen", meint Asylexperte Andreas Lepschi. Von der geplanten Regelung sei er "schockiert". (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 23.10.2003)