Gusenbauer im Nationalrat: "Sesselrücken einzige Beweglichkeit" der Regierung

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Wien - Ein gänzlich unterschiedliches Bild von der schwarz-blauen Politik haben am Mittwoch im Nationalrat in der Debatte zur Regierungsumbildung die Klubchefs von SPÖ und ÖVP, Alfred Gusenbauer und Willi Molterer, gezeichnet. Gusenbauer vermisste nach dem "Sesselrücken" in der FPÖ-Regierungsriege die großen Ansagen, zu den Problemen der Zukunft gebe es nur "absolute Inhaltsleere". Molterer hingegen betonte die "soliden Staatsfinanzen", die Maßnahmen für Familien und Kinder und lobte die Pensionsreform.

Gusenbauer erinnerte an die Kritik von Ex-Vizekanzler Herbert Haupt (F) am Wirtschaftskurs der Regierung. Statt eines Kurswechsels habe als Folge der Einzige gehen müssen, der dies erkannt habe: "Das ist der falsche Schritt." Der SPÖ-Vorsitzende wandte sich aber auch an den neuen Vizekanzler Hubert Gorbach: Wenn dieser faire Behandlung fordere, stelle sich die Frage, ob da nicht eine Partei um Gnade winsle. Die FPÖ habe auch das Problem, dass sie mit ihren Forderungen immer auf ein "Njet" der ÖVP stoße, eine Verbesserung sei diesbezüglich nicht absehbar: "Es ist die Fortsetzung derselben Politik mit anderen Personen aber denselben Mitteln."

Der SPÖ-Chef wandte sich auch gegen Darstellungen von ÖVP und FPÖ, die Sozialdemokraten seien nicht reformbereit. Bei der ÖBB etwa sei die SPÖ sehr wohl zu Zusammenarbeit bereit, es dürfe aber nicht zuvor alles zerschlagen werden. Auch zur Pensionsreform gebe es Konzepte von SPÖ und ÖGB, die SPÖ habe auch fertige Vorschläge zu Steuersenkung und Bildungsreform. Die Regierung hingegen habe zu diesen Themen mit nichts aufzuwarten, "und deren Beweglichkeit beschränkt sich auf das Sesselrücken in der Regierung".

Molterer dankte noch einmal dem scheidenden Vizekanzler Haupt, dieser habe sein Amt unter nicht leichten Umständen übernommen und die "sozialpolitische Geschichte der Zweiten Republik mitgeschrieben". Die Koalition bekenne sich zu ihrem Reformkurs: "Wer Reformen zu spät angeht, wer Reformen nicht tief greifend genug angeht, schadet der Zukunft des Landes." Wer hier nicht die Wahrheit sage, handle unverantwortlich. Man könne dabei aufbauen auf stabilen Staatsfinanzen.

Der "Hauptvorwurf" an die SPÖ lautete denn auch, dass die SPÖ über die Notwendigkeiten infolge von Globalisierung und EU-Erweiterung und den daraus resultierenden härteren Wettbewerbsbedingungen nicht die Wahrheit sage. Die SPÖ - in Person des oberösterreichischen Landesvorsitzenden Erich Haider - habe sich nach der Einigung auf Schwarz-Grün in Oberösterreich auch als "wehleidiger Verlierer" erwiesen. Auch wolle die SPÖ den Stabilitätspakt aufgeben, dies würde aber neue Schulden bedeuten. Dem ÖGB warf Molterer vor, nur Besitzstände wahren zu wollen. Der Gewerkschaftskongress in der Vorwoche habe zudem den Eindruck vermittelt, dass der ÖGB sich von der Überparteilichkeit verabschiede und zu einem "verlängerten Arm der Löwelstraße (SPÖ-Zentrale, Anm.)" werde - oder umgekehrt. (APA)