Drei Millionen Eier
Dabei hätte der Held fast vorzügliche Voraussetzungen gehabt. Gadus morhua ist der fruchtbarste aller Meeresfische. Ein Rogner von einem Meter produziert drei Millionen Eier. Der Mythos, dass Jesus mit zwei Stück Kabeljau 5000 Menschen ernährt haben soll, ist aber falsch, da der Fisch weder südlich des 40. Breitengrades noch am See Genezareth vorkommt.
Der Kabeljau lebt hauptsächlich im Atlantik, im Pazifik und in der Nord- und Ostsee und überlebt selbst unterm Eis: Bei Kälte produziert er ein Protein, das wie Antigefriermittel wirkt. Außerdem ziert sich der gegen Bakterien immune Allesfresser nicht beim Essen und schwimmt gleich mit offenem Mund - verhängnisvoll.
Ohne Köder auf Fischfang
Ein Fischer bräuchte nicht einmal einen Köder, um Kabeljau zu fangen - Styroporbecher oder Eisenhaken reichen völlig. Hängt der Fisch einmal am Haken, wehrt er sich nicht: Sein weißes Fleisch ist nicht für Kraftakte, sondern für Schnelligkeit gut: die Schnelligkeit des Zuschnappens.
Früher Weltmarkt für Kabeljau
Schon die Wikinger waren Kabeljaufänger. Die Basken erkannten Salz als Konservierungsmittel für ihre Wale und kamen mit dem Proviant bis nach Neufundland, um von dort Kabeljau nach Südeuropa zu importieren. Nachdem die Briten 1497 das Fischfanggeheimnis der Basken gelüftet hatten, gab es bald einen Weltmarkt für Kabeljau. Da nach den Hugenottenkriegen die französische Flotte ruiniert war, nutzten die Briten das Potenzial ihrer kanadischen Fischereien und wetteiferten darin mit den Hanseaten.
Wettfischen wie eine Art Goldrausch
Mark Kurlansky beschreibt in seinem Buch "Kabeljau. Der Fisch, der die Welt veränderte" das Wettfischen wie eine Art Goldrausch: "In der Neuen Welt fuhren manche nach Afrika auf der Suche nach Gold. Andere fuhren nach Nordamerika auf der Suche nach Kabeljau." Bis Mitte des 16. Jahrhunderts war der rotbraune bis olivgrüne Kabeljau der meistverzehrte Fisch Europas. Seinetwegen wurden Häfen errichtet, die Fangmethoden optimiert, Gefrierer, Entgräter und Fischstäbchen erfunden. Der periodische Preisverfall führte zum Chaos auf dem Fischmarkt. Schon 1902 konstatierte der britische Konsul in Genua: "Es wäre besser, zu den Segelfrachtschiffen zurückzukehren."