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Am 26. Oktober ist es wieder soweit...

Im Wiener Donaukanal-Lokal "Flex" werden die diesjährigen Gewinner des "Big Brother Awards" präsentiert. Unter den nominierten Personen und Unternehmen, die sich durch besondere Verdienste um die Verletzung von Datenschutzrechten der Bürger verdient gemacht haben und von einer fünfköpfigen Jury (Peter Holzer, Verein zur Förderung Freier Software; Doris Kaiserreiner, q/uintessenz; Gerald Pfeifer, VIBE!AT; Richard Soyer, Rechtsanwalt; Martin Wassermair, public netbase) ausgewählt wurden, sind in diesem Jahr unter anderem Microsoft, Herold, LifeStyle Gmbh und 16 österreichische Banken. Unter den Nominierten für den Lifetime Achievement Award finden sich Unter anderem Elisabeth Gehrer und Hans Dichand.

Foto: Archiv

Das umstrittene Sicherheitskonzept

"Next-Generation Secure Computing Base" (NGSCB) - Nachfolger des besser bekannten "Palladium" - brachte dem Softwarekonzern Microsoft eine Nominierung in der Kategorie "Business und Finanzen" ein.

Foto: Microsoft

Ebenfalls nominiert: die ASFINAG

"Das für den Ausbau des heimischen Roadpricing-Systems verantwortliche Unternehmen beteuert zwar, die Daten unbescholtener Verkehrsteilnehmer (Bilder von Autonummern, Ort, Zeit) zu löschen. Erfahrungen in Europa und Übersee zeigen aber: Irgendwann werden die Ergebnisse für andere Zwecke eingesetzt. So sind Section-Control-Technologien - etwa in Verbindung mit Datenspuren von Mobiltelefonen - durchaus geeignet, lückenlose Zeit-Weg-Diagramme von Fahrzeugen und Personen zu erstellen", so die offizielle Begründung für die Nominierung der ASFINAG.

Grafik: Standard

Gleich 16 heimische Banken

wurden für das monatelange Ignorieren eines OGH-Urteil zur umfassenden Informationspflicht, den Umgang mit KundInnendaten betreffend, nominiert. Ein Konkurrent in dieser Kategorie ist die LifeStyle Gmbh (die auch für den Lifetime Achievement Award nominiert ist). Das Unternehmen verschickt laut Organisatoren "Marktforschungsfragebögen, die wie amtliche Erhebungen aussehen, und sammelt so persönliche Daten über Konsumgewohnheiten, finanzielle Situation etc".

Foto: PhotoDisc

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Ebenfalls in der Kategorie "Business und Finanzen" nominiert

wurden die Geschäftsleute am Rudolfskai und die Wirte am Bahnhof der Stadt Salzburg. In der Begründung steht: "Die Lokalbetreiber fordern eine lückenlose Videoüberwachung des Stadtraums, obwohl die Stadtverwaltung längst erkannt hat, dass Maßnahmen wie mehr Beleuchtungskörper besser zur Eindämmung von Kriminalität beitragen".

Foto: REUTERS/Charles Platiau

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In der Kategorie "Politik"

ist unter anderem der EU-Kommissar Chris Patten nominiert. "Er ist hauptverantwortlich für den faulen, die EU-Datenschutzbestimmungen umgehenden "Kompromiss" mit den US Behörden, denen der Zugriff auf Passagierdaten aller Transatlantikflüge gestattet wurde. Kompliment an Österreichs EU-Parlamentarier, die gegen diese fragwürdige Erlaubnis stimmten. Hubert Pirker (Sicherheitssprecher der EVP) strengte sogar eine Klage gegen die Kommission an, ihr Ausgang ist noch nicht absehbar", so die Mitteilung des Big Brother Komittes.

Foto: EPA/ALI HAIDER

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Der EU-Rat der Innen- und Justizminister

wurde für seine Verdienste um die biometrischen Visa nominiert. "Asylsuchende und Einreisende aus Nicht-Schengen-Staaten werden kriminaltechnisch erfasst. Die biometrische Vermessung dieser Randgruppen dürfte jedoch nur ein Probegalopp zur Erfassung von Biodaten der gesamten Bevölkerung sein. So plädiert die International Civil Airlines Organization (ICAO) für neue Standards europäischer Reisepässe. Diese sollen Funkchips enthalten, auf denen ein hochauflösendes Bild des Passinhabers gespeichert wird und mit weiteren Daten (Fingerprint, Irisscan) codiert werden kann", so die offizielle Erklärung. Guiseppe Pisanu (Italien), BM Ernst Strasser und EU-Kommissar für Inneres und Justiz , Antonio Vitorino(Italien) von links nach rechts, stellvetretend für alle Amtskollegen.

Foto: APA/FRANZ NEUMAYR

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Für die Bürger ?

Ebenfalls in der Kategorie Politik nominiert wurde der Wiener FPÖ-Gemeinderat Heinz-Christian Strache: "Der gute Mann sorgt sich um die öffentliche Sicherheit auch dann, wenn sie nicht bedroht ist. Der Ruf nach Bürgerpatrouillen und verstärkter Videoüberwachung öffentlicher Räume findet schließlich sein Echo im Kleinformat", so die entsprechende Begründung der Big Brother-Verantwortlichen.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

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Die EU und ihre Vertreter

bekamen in diesem Jahr sehr viele Nominierungen zuerkannt. Nach den Innen- und Justizministern erwischte es auch EU Kommissar Frits Bolkestein, zuständig für Binnenhandel - und damit auch für die EU-Direktive zu Softwarepatenten. "Im Interesse weniger Technologieriesen aus der EU soll die bestehende Rechtspraxis in nationalen Legislaturen, keine Patente auf Software, Algorithmen oder gar Ideen zu erteilen, ausgehöhlt werden", urteilt das Preiskomitee.

Foto: EPA/BELGA / OLIVIER HOSLET

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Zu guter Letzt

wurde auch die EU-Kommission für die so genannte IP-Enforcement Directive für den Big Brother Award nominiert. "Es soll für Inhaber von Copyrights - also Software, Musik- und Filmindustrie - wesentlich einfacher werden, über den Internet-Provider an Stammdaten von Internet-Usern heranzukommen. Wieder wird ein US-Gesetz (Digital Millennium Copyright Act) auf EU-Ebene einfach nachvollzogen, obwohl die negativen Folgen bereits überdeutlich sichtbar sind", lautet es in der Begründung.

Foto: EPA/ETIENNE ANSOTTE

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In der Kategorie "Behörden und Verwaltung"

wurde das BR/BRG Mössingerstraße in Klagenfurt nominiert. Der Grund hierfür liegt im Einsatz der Software "WISO". "Das Web Interface for School Organisation WISO erstellt Statistiken für Eltern, Schüler und Lehrer und bietet Eltern unter anderem online Einblick in die Klassenbücher", so die Pressemitteilung zur Nominierung. Mit der HTL Spengergasse in Wien wurde noch eine zweite Bildungsanstalt in dieser Kategorie nominiert: "Durch die Aufforderung an die SchülerInnen, die eingeführte "Schülercard" im ganzen Schulgebäude offen zu tragen, werden junge Menschen an ein Leben im Sicherheitstrakt gewöhnt", so die Big Brother Award-Begründung.

Foto: Archiv

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Das Europäische Patentamt in München

kam für die Zulassung von Tausenden Ideen- und Trivialpatente auf die neuen Informationstechnologien "gegen geltende, nationale EU-Legislaturen" in die Nominierungsliste. "Web-Shop, Hyperlink und Cookies: diese alltäglichen Vorgänge sind patentiert. Übrigens: das EPA finanziert sich über die Vergabe von Patenten und bestimmt seit den späten 1980er Jahren de facto selbst, nach welchen Kriterien Patente zu vergeben sind, seit den 1990er Jahren mit dem Versuch, dafür gesetzliche Rückendeckung zu erhalten. Lob an dieser Stelle an die Abgeordneten Mercedes Echerer (Grüne) und Maria Berger (PSE), die in zwei maßgeblichen Parlamentsausschüssen zu verhindern bzw. zu reparieren versuchten, was ihre Kollegin Arlene McCarthy (PSE) in Zusammenarbeit mit der Kommission angerichtet hatte".

Foto: dpa/dpaweb/Stephan Jansen

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Die für die Umsetzung der Bildungsevidenz

verantwortlichen Bürokraten wurden auch nominiert. "Die Erhebungsblätter der Statistik Austria werden via Direktionen und LehrerInnen an die SchülerInnen verteilt, laut Schulsprecher auch mit nachgeschickter Verwaltungsstrafandrohung bei Nichterfüllung. Voraussichtlich 75 Jahre sind dann Sportverletzungen, Betragensnoten und religiöses Bekenntnis über eine Kontrollnummer abrufbar" begründet das Big Brother Komitee seine Entscheidung. Auch die Beamten des Wirtschaftsministeriums sind wegen der EU-Verordnung 577/98: Verordnung zur Erwerbs- und Wohnstatistik auf der Liste der Nominierten zu finden. "BürgerInnen in ganz Europa können selbst entscheiden, ob sie Auskunft geben. Nur in Österreich macht man von Artikel 5, der die zwangsweise Datenerhebung erlaubt, auch Gebrauch", so die Presseerklärung.

Foto: dpa/Stefan Sauer

Die Kategorie "Kommunikation und Marketing"

wartet mit einigen prominenten Namen bei den Nominierungen auf. Den Anfang macht die Firma Herold. "Namen, Adresse, Haushaltsstand, Einkommen: alles auf einer im Handel erhältlichen CD und alles ohne Ihre Zustimmung. Wer sich löschen lassen will, muss neue Daten bzw. Dokumente vorlegen", reicht allemal für eine Nominierung meint man bei den Big Brother Awards. Das Unternehmen bezeichnete einige Punkte der Nominierung als nachweislich falsch - ein Gespräch mit den Herold-Unternehmenssprecherinnen finden Sie hier

Foto: Herold Business Data AG

Das Stadtmarketing von Kaprun und Wels

rittern in dieser Kategorie gegeneinander. Das Stadtmarketing Kaprun beziehungsweise das Europa Sportregion Marketing wurde nominiert, da, die " im gratis verteilten Ortsplan sich auch Daten aller in Kaprun ansässigen Privatpersonen finden. Man darf sich bei der Gemeindeverwaltung Kaprun für die Mithilfe und der Trägerorganisation Europa Sportregion Marketing GmbH bedanken". Das Stadtmarketing Wels wurde nomniert, da "nur zur Messung der Kundenströme in der Innenstadt das Stadtmarketing Wels in zwei Straßen Videokameras einsetzt, eine Überwachung der Menschen werde nicht bezweckt, meint die Stadt. Auch hier gilt, was im Falle ASFINAG bereits erwähnt wurde: Alle Überwachungssysteme werden nach einem bestimmten Zeitraum auch für andere Zwecke eingesetzt".

Montage: red

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Die Post AG

wurde für "gewachsene Nachsendeaufträge" nominiert. "Von einer Postkarte auf ein A4-Blatt mit Feldern für Geburtsdatum, Mailadresse, Telefonnummer usw.. Ganz unten steht dann Kleingedrucktes zur "Datenverwertung", so die Big Brother-Aussendung zu dieser Nominierung.

Foto: APA/Gindl Barbara

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Wer einen Leserbrief an die

Kronen Zeitung schreibt, sollte dabei vorsichtig sein- meinen die Big Brother-Initiatoren und nominierten die Tageszeitung mit der Begründung: "Achtung beim Verfassen von Leserbriefen an die Kronen Zeitung: Wer kritisch zu sein wagt und sich noch namentlich dazu bekennt, kann gegen seinen Willen mit vollständiger Adresse und Telefonnummer im Kleinformat stehen".

Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

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In der Kategorie "Lifetime Achievement"

"werden jene Personen, Organisationen oder Firmen ausgezeichnet, die mit einer gewissen Ausdauer und über eine signifikante Zeitspanne ihre Big-Brother-Tauglichkeit bewiesen haben". Zu den Nominierten gehören neben Hans Dichand und seiner Kronen Zeitung, auch noch...

Foto: APA/Guenter R. Artinger

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Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer

und die LifeStyle GmbH. Die Preisverleihung findet am 26. Oktober statt. Das Web-Voting ist noch bis 25. 10. 2003 auf der offiziellen Webseite möglich.

Foto: APA/Roland Schlager