Aufatmen bei vielen Eltern: Macht nix, Sohnemann oder Töchterlein, auch wenn du eine veritable Rechenschwäche hast oder dir beim Buchstabieren etwas schwer tust - du kannst ja zur Not noch immer in die Politik gehen. Wäre die Sache mit den falschen Aktienmeldungen im Unvereinbarkeitsausschuss des Parlaments nicht so ernst, dürfte man über die kruden Erklärungsmanöver der ertappten Falschmelder in der Regierungsriege eigentlich nur noch den Kopf schütteln.

Tatsächlich zeichnet die Aktienaffäre im Ausschuss ein skandalöses Sittenbild, wie schwarz-blaue Regierungspolitiker Gesetze wie einen x-beliebigen Wisch behandeln. Unter dem schützenden Mantel der Vertraulichkeit haben es einige der Volksvertreter mit der Wahrheit über ihren Aktienbesitz nicht so genau genommen und allem Anschein nach Leer- oder Falschmeldungen abgegeben. Oppositionspolitiker haben die Öffentlichkeit informiert und müssen sich nun von den "Ertappten" den Bruch der Vertraulichkeit vorwerfen lassen.

Das ist Täterumkehr im klassischen Stil. Wo Vertraulichkeit zum Schutz für das Verdrehen der Wahrheit missbraucht wird, hat sie ausgedient. Darum ist das Verhalten der betroffenen Regierungsmitglieder nicht nur eine unerträgliche Geringschätzung des Gesetzes, sondern auch ein Affront gegenüber parlamentarischen Kontrolleinrichtungen und der Öffentlichkeit, die sich sehr wohl an die Gesetze zu halten hat.

Aber Unwissenheit schützt vor Strafe nicht - das muss auch bei der Meldepflicht für Aktien gelten. Ins Unvereinbarkeitsgesetz gehören konkrete Strafen hinein. Vielleicht erhöht das ja den Druck auf die Meldepflichtigen, genauer zu rechnen und zu lesen oder sich richtig beraten zu lassen. Wer das auch nicht schafft, ist reif für den Ausschluss - nicht nur vom Ausschuss. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 20.10.2003)