Die Eckpunkte zur Rentenreform hat der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder zu Recht als "Bausteine" bezeichnet. Sie sind kein Bollwerk, das zur Sicherung der Altersversorgung beiträgt. Immerhin haben Schröder und seine SPD-geführte Koalition Mut zur Zumutung bewiesen - und zwar bei einer für sie wichtigen Klientel: den Pensionisten.

Die Renten werden nächstes Jahr nicht angehoben, und unterm Strich werden die Alterseinkommen gekürzt, weil die Pensionisten für die Pflegeversicherung nun voll selbst aufkommen müssen. Letzteres ist gerecht, weil die Pflegeversicherung erst 1995 eingeführt wurde und die Pensionisten bisher kaum selbst eingezahlt haben, aber die Hauptnutznießer sind. Dass die Pensionen künftig besteuert werden, geht auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1982 zurück, das die Kohl-Regierung nicht umgesetzt hat. Dafür kann Rot-Grün nicht die Verantwortung zugeschoben werden.

Schröder hat aber mit der Vorstellung der Eckpunkte auch ein Wahlversprechen aus dem Jahr 1998 gebrochen. Denn damals war eines der zentralen Wahlzuckerln der SPD für Senioren, dass der "demografische Faktor" abgeschafft wird. Dahinter verbarg sich eine Formel, die das Verhältnis von Beitragszahlern zu -beziehern berücksichtigte und somit für eine Dämpfung der Rentenentwicklung sorgte. Dies hat Rot-Grün auch gemacht - um jetzt das gleiche Prinzip wieder einzuführen, wenn auch unter dem neuen Namen "Nachhaltigkeitsfaktor".

Wirklich nachhaltig gesichert ist das System aber durch die nun vorgestellte Rentenreform nicht. Denn Schröder hat sich gescheut auszusprechen, was nach Expertenmeinung unausweichlich ist: Das Rentenalter muss von 65 auf 67 Jahre angehoben werden. Dies jetzt klarzustellen wäre nur fair gegenüber den Jüngeren, die sich mittel- und langfristig darauf einstellen müssen. Sonst sind bald die nächsten Notoperationen fällig. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 20.10.2003)