Wien - Nahm man alles sehr locker, weil's ein "Proms"-Konzert war, oder wollte man den Raum so richtig entstauben? Wer weiß: So breiig-verschwommen hat man die Wiener Philharmoniker jedenfalls selten gehört wie bei Richard Strauss' Festlichem Präludium. Das lärmende Allerlei mutete umso seltsamer an, als das Werk ja seinerzeit, vor 90 Jahren, zur Einweihung ebendieses Raumes, des Großen Konzerthaussaals, komponiert wurde. Und man nun auch noch festlich an dieses Ereignis nicht nur am Sonntag, sondern auch am Samstag beim lockeren Stehkonzert erinnern wollte.

Gut, dass das Konzert vor neun Jahrzehnten nicht mit der Strauss-Fanfare begonnen und gleich auch wieder geendet hat. Da man nun in Verbund mit Dirigent Christian Thielemann den ganzen Konzerthaus-Eröffnungsabend nachstellte, war die 9. Symphonie von Beethoven unvermeidlich und bot die Gelegenheit, den verhauten Beginn vergessen zu machen.

Nicht dass Thielemann hier plötzlich auf Entschlackung setzte. Er riskiert einen romantischen Blick auf die Wiener Klassik und sieht eine wohlgenährte Schönheit. Er lässt sie allerdings durchaus leicht schweben, verschweigt nicht Details ihrer symphonischen Rundungen. Natürlich: Legato-Kunststücke, wo man hinhört - Thielemann genießt den philharmonischen Sound und lässt ihn ausgiebig singen.

Pompös wirkt das Ganze, aber in sich überzeugend. Im dritten Satz macht sich zwar eine gewisse Erschlaffung bemerkbar: Wenn es zur Zurücknahme der Dynamik kommt, steht die Schönheit still und unbeweglich. Im Finale jedoch wird es furios, ist auch Dramatik spürbar. Dass ihr der stimmliche Beitrag von Michael Schade zum Opfer fiel, ist bedauerlich. Ricarda Merbeth, Birgit Remmert und der überzeugende Franz-Josef Selig hatten da mehr Glück - beim vokalen Durchkommen. (DER STANDARD, Printausgabe vom 20.10.2003)