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Foto: REUTERS/Herwig Prammer
Wien - Fritz Verzetnitsch fiel vom Stuhl. Er wollte den Delegierten gerade zujubeln und sich für das prächtige Wahlergebnis bedanken, als ihn der Gleichgewichtssinn verließ und er vom Sessel stürzte. Immerhin: Verzetnitsch wurde mit 93,3 der Delegiertenstimmen wiedergewählt. Es ist bereits seine vierte Wiederwahl, Verzetnitsch ist seit 1987 Präsident des Gewerkschaftsbundes. Sein bestes Ergebnis hatte er 1991 mit 96 Prozent.

Karl Klein fiel aus allen Wolken. Der Christgewerkschafter erhielt nur 58,7 Prozent, ein blamables Ergebnis. Dennoch nahm der christlichsoziale Fraktionschef im ÖGB seine Wahl zum Vizepräsidenten an. Es sei "gerade noch gelungen", die Gemeinsamkeit zu sichern, sagte er. Kleins Vorgänger in dieser Funktion, GÖD-Chef Fritz Neugebauer hatte beim letzten Bundeskongress von 90,2 Prozent der Delegierten das Vertrauen bekommen.

Fünf weitere Vizepräsidenten wurden gewählt: der Vorsitzende der Gemeindebedienstetengewerkschaft, Rudolf Hundstorfer (93,3 Prozent), Bau-Holz-Chef Johann Driemer (93 Prozent), Metallervorsitzender Rudolf Nürnberger (88,3 Prozent), GPA-Chef Hans Sallmutter (85 Prozent) und Frauenchefin Renate Csörgits (84,8 Prozent).

Zum Abschluss des Kongresses hat Präsident Verzetnitsch den Eisenbahnern die Solidarität der Gewerkschaften zugesichert. Der Bundesregierung warf er eine "völlige Demontage" der Betriebsvereinbarungen vor. Wenn es bei den ÖBB gelinge, die privatrechtlichen Verträge zu kündigen, dann sei es nur eine Frage der Zeit, bis dies auch anderswo geschehe.

Als oberstes Ziel nannte Verzetnitsch die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Das "Diktat der Finanzwelt" dürfe nicht dazu führen, dass sich auf dem Arbeitsmarkt nichts mehr bewege. Als Herausforderungen für die Zukunft nannte Verzetnitsch die Harmonisierung der Pensionssysteme, die Gesundheitsreform und ein neues Arbeitsrecht.

Zu kritischen Zeitungskommentaren über die Unterstützung des ÖGB durch Bundespräsident Thomas Klestil hielt Verzetnitsch fest, er sei froh, dass der Bundespräsident gesagt habe, "was Sache ist" und auch klar dazu stehe. Zum emotionellen Abschluss des Kongresses wurde traditionsgemäß das "Lied der Arbeit" gesungen. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.10.2003)