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Im strapazierten Gesundheitssystem muss verstärkt investiert werden, der Stabilitätspakt wird zurückgestellt. Die Stadtregierung steht vor einer Zäsur beim Budget. Freuen darf sich das Pflegepersonal: Es winkt eine "Geriatriezulage".

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Wien - Die SPÖ-Regierung ist die letzten Tage in Klausur gegangen, und hat für sich - als absolut herrschende Partei in dieser Stadt - Schwerpunkte für die nächsten Monate festgelegt. Nach den Turbulenzen in Elisabeth Pittermanns Gesundheitsressort (Pflegeskandal in Lainz) und im Sozialbereich unter der Führung Grete Laskas (Pläne für massive Kürzungen) war es klar, dass Struktur- und Personalmängel behoben werden müssen. Bürgermeister Michael Häupl sprach von "Sofortmaßnahmen für die Geriatrie", die als wichtigster Punkt der Agenda beschlossen wurden.

Investition

Für den gesamten Spitals-und Pflegebereich wird bis 2010 eine Milliarde Euro für bauliche Maßnahmen investiert. Die Rechnung dahinter: Ab 2004 seien jährlich rund 140 Millionen Euro im Bereich des Krankenanstaltenverbundes für Investitionen vorgesehen. Bei Beibehaltung dieser Summe kommt man auf die Milliarde. Durch zusätzliche Kooperation mit privaten Anbietern im Pflegebereich soll es möglich werden, dass Pavillons in Lainz früher saniert, respektive die Zahl der Heimbewohner so rasch wie möglich auf 1000 gesenkt wird.

Gute Nachrichten gibt es für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den städtischen Pflegeheimen. Ihnen winkt eine Geriatriezulage. Sie soll als eine Art Leistungsprämie all jenen ausbezahlt werden, die direkt an den Betten arbeiten. Pflegedirektoren oder leitende Angestellte seien davon ausgenommen, betonte Häupl, Höhe der Zulage und Details würden erst verhandelt. In der Debatte um Pflegemissstände klagte der Pflegeverband dauernd über zu wenig Geld für zu viel Arbeit.

Überschüsse im Rahmen des Stabilitätspakts erwirtschaften

Das Kunststück in Soziales und Gesundheit mehr zu investieren, ohne andere Bereiche zu kürzen, will Vizebürgermeister und Finanzstadtrat Sepp Rieder zustande bringen. Ein Weg wird sein, weniger Überschüsse im Rahmen des Stabilitätspakts zu erwirtschaften. Der Pakt werde jetzt "über den Konjunkturzyklus" erfüllt. Er erwartet, dass in einigen Bereichen Ausgaben gesenkt werden können. Wie hoch der Maastricht-Überschuss im nächsten Jahr ausfallen wird, ist derzeit unklar, 2002 betrug er 339 Millionen Euro. Zudem werden Anreize für Unternehmer zu investieren gesetzt und eine "Agentur für Technologie" geschaffen. Auch eine regionale Personalvermittlung wird parallel zum Arbeitsmarktservice aufgebaut, welches für Rieder "nicht funktioniert".

Die Ergebnisse der Regierungsklausur stoßen bei der Opposition auf geteilte Meinung: Die VP gab sich vom enttäuscht, die FP reagierte vorsichtig zustimmend, und die Grünen freuten sich über Bewegung in Sachen Lainz und Stabilitätspakt.

Getuschel um Rochade

Abseits der Klausur kursieren Gerüchte, wonach eine Regierungsumbildung in Wien stattfinden könnte. Vielleicht bietet der Bund schon bald die Gelegenheit dazu, wenn die VP-FP-Bundeskoalition platzen sollte. Weiterhin als Austauschkandidaten gelten Elisabeth Pittermann (Gesundheit) und Isabella Kossina (Umwelt). Schon vor Wochen sind Primar Wilhelm Marhold, Chef der Rudolfstiftung, und Gewerkschafter Rudolf Hundstorfer, der auch für höhere Weihen im ÖGB gehandelt wird, als Namen kolportiert worden. Bürgermeister Häupl sagte aber auch, dass es nach dem Pflegeskandal "personelle Konsequenzen erst nach Vorliegen der Berichte" geben könne und das sei nicht nur eine Frage von Regierungsmitgliedern. (aw, DER STANDARD Printausgabe 17.10.2003)