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Werden mit dem neuen Teilzeitrecht wieder die Frauen diejenigen sein, welche Kinder hüten und noch dazu die schlechteren Jobs haben?
Foto: Reuters/HEINZ-PETER BADER
Die Regierung hat eine neue soziale Tat gesetzt: Sie wird für Eltern mit Kleinkindern das Recht auf Teilzeitarbeit einführen. Niemand kann dagegen sein, wenn es mehr Rechte für ArbeitnehmerInnen gibt. Insbesondere nicht die SPÖ, die dieses Recht schon lange gefordert hat. Sie hat sich nur nicht getraut, es einzuführen, solange sie mit der ÖVP regierte. Oder war früher die ÖVP gegen dieses Recht? Meinungen ändern sich ja so oft in dieser raschlebigen Zeit ...

Kein Zweifel: Die Wahlfreiheit wurde erhöht. Zwar nicht für alle, Beschäftigte in kleinen Unternehmen sind davon ausgenommen. Das beklagen SPÖ und Grüne. Aber das gibt den notwendigen Stoff, aus dem Wahlkämpfe gesponnen werden. Wenn das Kindergeld für alle der FPÖ 1999 geholfen hat, so kann das Teilzeitrecht für alle zwecks Kinderbetreuung der SPÖ oder den Grünen vielleicht beim nächsten Wahlkampf helfen.

Menschen kommender Generation können jedenfalls erzählen: Auf die Welt bin ich gekommen, weil die FPÖ das Kindergeld durchgesetzt hat; so gut erzogen bin ich, weil ich nur halbtags im Kindergarten sein musste. Lasst uns ein Denkmal für Haider und Schüssel errichten!

Arbeitsplätze...

Natürlich muss man sich die Sache aber auch vom Standpunkt der Unternehmen anschauen. Sicher, die Kosten werden ein bisschen steigen: Wenn eine Arbeitskraft eine Ausbildung im Unternehmen macht und dann längere Zeit nur halbtags arbeiten will, kostet das eben etwas. Wird aber nicht sehr viel sein. Und wenn für alle die Kosten ein wenig steigen, lässt sich das ja unschwer auf die Preise überwälzen.

Man schaue aber noch etwas genauer: Angenommen, ein Unternehmen überlegt, eine/n der Beschäftigten einige Zeit zu schulen, um ihn oder sie in einer höherwertigen Tätigkeit einsetzen zu können. Und angenommen, es gibt kein Merkmal, an dem zu erkennen ist, ob eine Person im Falle eines Kindes das Recht auf Teilzeit in Anspruch nehmen will oder nicht. Dann wird der oder die Betreffende nach der entsprechenden Ausbildung dem Unternehmen gegebenenfalls nicht voll zur Verfügung stehen. Das wird, wie gesagt, die Kosten etwas erhöhen. Ansonsten - siehe oben.

Es gibt jedoch Merkmale, an denen man erkennen kann, ob die Bereitschaft, dieses Recht zu wahren, hoch oder niedrig ist. Personen, die das Merkmal "ich nehme mit vergleichsweise hoher Wahrscheinlichkeit dieses Recht in Anspruch" tragen, nennt man bei uns: Frauen. Diejenigen, die dieses Merkmal nicht haben, nennt man hingegen: Männer.

Wen wird das Unternehmen wohl eher zur Schulung schicken? Erraten. Männer werden schließlich eher bereit sein, auch weiterhin Vollzeit zu arbeiten.

Und wer hat weniger Chancen auf die besseren Jobs? Richtig. Das betrifft aber nicht nur die Frauen, die das Recht auf Teilzeitarbeit wirklich in Anspruch nehmen, sondern auch diejenigen, die das nicht tun wollen. Schließlich gibt es keine Möglichkeit, einem Unternehmen zuzusichern, von diesem Recht keinen Gebrauch zu machen.

... ohne Zukunft

Wir fassen zusammen: Die Kosten werden sich für die Unternehmen kaum erhöhen. Die Männer erhalten die guten Jobs. Die Karrierechancen für Frauen werden noch schlechter. Schon jetzt bieten ja viele Unternehmen Teilzeitjobs an, die mit Recht als Arbeitsplätze ohne Zukunft bezeichnet werden. Man findet dort fast nur Frauen. Und das vorgesehene Recht wird das noch verstärken. Zudem werden die Männer in ihrer Abneigung, mehr Betreuungspflichten zu übernehmen, bestätigt. Denn wenn Frauen schlechtere Aufstiegschancen haben, reduziert sich im Falle einer Teilzeitarbeit des Mannes das Haushaltseinkommen beträchtlich.

Dass die Betreuung von Kleinkindern in Österreich traditionell Sache der Frauen ist, kann man natürlich kritisieren, und man kann vielleicht auch langfristig etwas dagegen machen. Aber man sollte bei arbeitsrechtlichen Maßnahmen nicht so tun, als gäbe es diese Benachteiligung nicht und als wären sie geschlechtsneutral.

Zumindest dann nicht, wenn man gleichzeitig vorgibt, sich nicht mit der Schlechterstellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt abfinden zu wollen.

Die Einführung des Rechtes auf Teilzeit erhöht jedenfalls die Chance, auch noch in Jahrzehnten über die Ungleichheit auf dem Arbeitsmarkt klagen zu können. (DER STANDARD, Printausgabe 16.10.2003)