Wien - Vor einer in die Asylgesetznovelle integrierten "politischen Bombe" hat am Dienstag die Caritas gewarnt. "Nach monatelangen Diskussionen werden in letzter Minute unnötige Änderungen in den Entwurf der Novelle zum Bundesbetreuungsgesetz eingefügt, die im vollkommenen Widerspruch zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes stehen", kritisierte Caritas-Präsident Franz Küberl in einer Aussendung den am Dienstag im Innenausschuss des Parlaments beratenen Gesetzesentwurf. Es handle sich um einen schweren Schlag gegen die Grundrechte.

Küberl erinnerte daran, dass sich - bereits vor dem Entwurf dieser Novelle - der Oberste Gerichtshof (OGH) in zwei Urteilen mit der Frage der Bundesbetreuung von Flüchtlingen auseinander gesetzt und festgestellt habe, dass das Innenministerium für alle hilfsbedürftigen Asylwerber Unterkunft und Verpflegung zur Verfügung stellen muss. Den Hilfsorganisationen habe der OGH einen rückwirkenden Anspruch auf die Vergütung der Kosten für die Unterbringung und Betreuung hilfsbedürftiger Asylwerber zugesprochen. Durch die geplante Novellierung sollten nun die höchstgerichtlichen Ansprüche der Hilfsorganisationen rückwirkend aufgehoben werden. "Offensichtlich gibt es hier einen sehr hemdsärmeligen Umgang mit dem Rechtsstaat, was im Bereich der Menschenrechte doppelt sensibel ist", so Küberl.

Die zynische Folge des geplanten Gesetzes wäre: Wer von der Caritas als Obdachloser in ein Notquartier aufgenommen wird, verliert seinen Anspruch auf Bundesbetreuung, so Küberl. Im schlimmsten Falle könnte es sogar dazu kommen, "dass der Bund wartet, bis Hilfsorganisationen bzw. Länder oder Gemeinden obdachlose Kinder, Frauen und Männer aufnehmen. Dann hätte der Bund selbst keine Verpflichtungen mehr, hilfsbedürftige Asylwerber in Bundesbetreuung zu nehmen".

Wie Küberl sagte, gehe die Caritas nach einer ersten Prüfung davon aus, dass einmal mehr die Höchstgerichte dieser Form von Anlass-Gesetzgebung einen Riegel vorschieben werden. Den Paragrafen über die sogenannten "asylfremden Motive" für den Asylantrag müsse man sofort streichen, weil er gegen eine EU-Richtlinie verstoße, forderte der Caritas-Präsident.

Küberl äußerte seine Sorge, dass eine Eskalation des schwelenden Konflikts zwischen Bund und Ländern "auf Kosten der Asylwerber" gehen könnte, die dadurch "möglicherweise im Winter auf der Straße stehen werden". Küberl dazu: "Eigentlich sollte ein Gesetz helfen, die Würde der Menschen zu schützen. Diese gleichheitswidrigen Bestimmungen, die sicherlich vor den Höchstgerichten keinen Bestand haben werden, tun gerade das Gegenteil." (APA)