Andererseits war eben die Revolution auch Schuld an Shirin Ebadis großem Karriereeinbruch: 1975 wurde sie Vorsitzende des Gerichtshofs in Teheran und damit die erste weibliche Richterin im Iran – nach der islamischen Revolution war sie gezwungen, ihr Amt wieder aufzugeben. Ebadi wurde auf einen Posten im Justizministerium abgeschoben, 1984 nahm sie ihren Abschied und eröffnete eine Anwaltskanzlei in Teheran.
Shirin Ebadi, Mutter zweier erwachsener Töchter, hat sich seither als Rechtsanwältin im Iran einen Namen gemacht. Sie ist Autorin Dutzender Bücher über Frauen- und Menschenrechte und hatte einen Verein zum Schutz der Kinder in Teheran gegründet: Lange Zeit waren Mädchen im Iran bereits im Alter von neun Jahren straffähig, Buben ab 15; mittlerweile ist das Alter hinaufgesetzt worden auf 13 und 16 Jahre.
Wegen ihrer Teilnahme am mittlerweile berühmt-berüchtigten Seminar der Heinrich-Böll-Stiftung im März 2000 in Berlin über den Iran wurde Shirin Ebadi nach ihrer Rückkehr nach Teheran verhaftet. Wie anderen iranischen GastrednerInnen warf man ihr vor, bei diesem Seminar regimekritische Vorträge gehalten zu haben. Aus Mangel an Beweisen wurde sie freigesprochen.
Im selben Jahr wurde sie aber noch einmal bei der Verteidigung der an Unruhen in Teheran beteiligten Studenten verhaftet und wegen – nach Ansicht des Staatsanwalts – "Verbreitung von Lügen" zu neun Monaten Haft verurteilt. Nach der Entlassung aus dem berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran vor einem Jahr praktizierte sie weiter und konnte ungehindert zu Vorträgen ins Ausland reisen. Sie übernahm zuletzt die Verteidigung des verhafteten Rechtsanwalts Naser Sarafshan, der wegen seiner Aufklärungsarbeiten über eine Mordserie an Intellektuellen im Iran 1998 seit einem Jahr im Gefängnis sitzt.