Sie wollten eine von den Roten dominierte Sozialpartnerbastion knacken und haben leider ihre juristischen Hausaufgaben nicht gemacht. Es war ein Putsch mit Pfusch. Nur zur Klarstellung: Natürlich kann eine Regierung alte Strukturen zerschlagen, wenn es dafür gute Gründe gibt. Man darf nur zweierlei nicht tun: ungeniert Parteipolitik betreiben und, wie die rätselhaft populäre Frau Riess-Passer, als Vizekanzlerin vor einem johlenden FPÖ-Parteitag den Kopf eines unliebsamen Sozialdemokraten fordern - das sieht zu sehr nach "Gleichschaltung" aus. Und man muss wenigstens das Handwerk beherrschen.In der gloriosen Koalition Schüssel II ist nun genau darüber der Streit ausgebrochen: Die ÖVP war's , sagt FP-Obmann Herbert Haupt: "Immer wenn sich die Juristen des Kanzleramtes und des Finanzministeriums durchsetzen, halten die Lösungen nicht." Aber auch deswegen und weil er trotzdem noch da ist, hat er ja schon Kultstatus. Im Übrigen ist ein weiteres Mal erwiesen: Diese "Reformkoalition" arbeitet unseriös. Wer ehrlich reformieren will, darf den Rechtsstaat und Verfassungsgrundsätze nicht ignorieren. Unendlich schade: Dieses Land braucht Reformen, aber es bekommt arrogante Inkompetenz. (DER STANDARD, Printausgabe 11./12. 10. 2003)