Wien/Amsterdam - Heineken darf die BBAG schlucken. Alle Kartellgenehmigungen sind da. Seit Freitag steht der Übernahme des mit Abstand größten Getränkekonzerns Österreichs durch den drittgrößten Brauer der Welt - und somit auch der Abfindung der Streubesitzaktionäre der börsenotierten österreichischen Braugesellschaften - nichts mehr im Wege. Ab Mitte kommender Woche (15. Oktober) wird die BBAG-Gruppe unter Heineken-Kontrolle operieren. In seiner Bilanz konsolidiert der niederländische Brauriese die Österreicher rückwirkend zum 1. Oktober 2003.

Insgesamt sieben Fusionsgenehmigungen waren nötig, um den im Mai vertraglich fixierten Zusammenschluss abschließen zu können. Seit heute, Freitag, ist auch das Grüne Licht der slowakischen Wettbewerbsbehörde da. Die EU-Kommission hatte den Deal bereits am 18. Juli 2003 ohne Auflagen freigegeben.

Streubesitzabfindung

Jetzt wird "demnächst" die Streubesitzabfindung eingeleitet: Wie am 2. Mai 2003 zur Bekanntgabe der spektakulären Bierhochzeit angekündigt, zahlt Heineken den Streubesitz-Aktionären für die BBAG-Stammaktie 124 Euro und für die ebenfalls noch an der Wiener Börse gelistete BBAG-Tochter Brau Union 127,27 Euro pro Aktie.

Heineken gab heute gemeinsam mit der BBAG/Brau Union bekannt, dass die Übernahme von rund 80 Prozent der BBAG/Brau-Union-Mutterholding GeBAG bereits nächste Woche - am 15. Oktober 2003 - abgeschlossen sein wird (Closing).

Neue "Brau Union AG"

Heineken-Konzernchef Thony Ruys ist die Totalübernahme der BBAG/Brau Union-Gruppe - einschließlich der anstehenden Streubesitzabfindungen - 1,9 Mrd. Euro wert. Davon fließen 1,5 Mrd. Euro in cash, der Rest von 400 Mio. Euro entfällt auf die Übernahme von Schulden. Vom Bar-Anteil von 1,5 Mrd. Euro werden 600 Mio. Euro jetzt mit Abschluss der Transaktion bezahlt, der Rest fließt im letzten Quartal 2003 und im ersten Halbjahr 2004.

Die Brauereien von BBAG und Heineken in Zentral-/Osteuropa werden in der neuen "Brau Union AG" unter Vorstandschef Karl Büche zusammengefasst, der auch in den Heineken-Vorstand einzieht. Nach dieser "Ost-Fusion" kommt die Gruppe in Zentral/Osteuropa als absolute Nummer eins auf 26 Millionen Hektoliter Bier, was einen Marktanteil in der Region von 27 Prozent bedeutet. Operiert wird von der "Brau Union neu" als künftigem Heineken-Teilkonzern mit Sitz in Österreich neben Österreich in zwölf zentraleuropäischen Ländern. Dort war die BBAG/Brau-Union nach einer Welle von Brauereikäufen bisher schon Nummer zwei gewesen.

"Haben uns gut vorbereitet"

"Wir haben uns auf diesen Augenblick gut vorbereitet", sagte Büche, der wie die meisten anderen Familienaktionäre seine Aktien an Heineken verkauft hat. Die rund 600 österreichischen Familien-Aktionäre hatten ihre BBAG-Kontrollanteile in der GeBAG gebündelt gehabt.

"Jetzt können wir zügig die Pläne für unser weiteres Wachstum in Zentraleuropa umsetzen", so Büche. Heineken will nun "umgehend" die Zusammenführung in Zentral/Osteuropa umsetzen, um die erhofften Synergien bald heben zu können. Besonders für Ungarn und Polen werden hohe Einspareffekte erwartet.

Marktführer

Die nach der Ost-Fusion neu geschaffene Brau Union - die in Zentraleuropa in 13 Ländern operiert - ist Marktführer in sieben Ländern: neben Österreich auch in Bulgarien, Mazedonien, Polen, Rumänien, Slowakei und Ungarn. In Kroatien sei sie Nummer zwei, in Tschechien ein starker Regionalanbieter.

Wann bei den privaten Streubesitzaktionären die Kasse klingelt und wann BBAG und Brau Union von der Wiener Börse genommen werden, wurde heute noch nicht näher erläutert. Das öffentliche Abfindungsangebot folge den Bestimmungen des Übernahmegesetzes, betonten BBAG/Brau Union sowie Heineken lediglich. Da gelte es auch regulative Fristen einzuhalten.

Abfindungsangebot

In Ungarn läuft für die dort börsenotierte Brau Union Hungaria bereits seit Anfang September ein Abfindungsangebot an den free float. Dort wartet Heineken via Amstel aber noch auf die Billigung durch die örtliche Aufsicht. Auch die Brau Union Hungaria soll von der Börse verschwinden. In Ungarn haben Aktionärsschützer den gebotenen Abfindungspreis als zu niedrig kritisiert. Bei Heineken wurde der "Spread" zu den satten Abfindungsangeboten für die österreichischen Gesellschaften bisher damit verteidigt, dass man mit BBAG und Brau Union ja den gesamten Konzerninhalt mit kaufe.

Bei Heineken verdoppelt sich durch den BBAG-Deal zunächst einmal der Schuldenstand auf 3,5 Mrd. Euro, wie der Vorstand in Amsterdam kürzlich bestätigt hatte. Wie man sich refinanzieren will, wurde noch nicht erläutert. Es ist für die Holländer der bisher größte Brocken in der 140-jährigen Firmengeschichte.

Synergie-Effekt

Zur Bekanntgabe des Fusionsplans Anfang Mai hatte Heineken den Synergie-Effekt aus dem Zusammenschluss ab 2007 mit jährlich 40 Mio. Euro durch Kosteneinsparungen beziffert. Zuletzt bezifferte der Vorstand die Synergien in vier Jahren auf dann 80 Mio. Euro pro Jahr. 40 Mio. Euro soll der Abbau von Überschneidungen vor allem in Osteuropa (Ungarn, Polen) bringen, 20 Mio. entfielen auf Einsparungsmaßnahmen, die in der BBAG-Gruppe ohnehin schon liefen, darunter auch die Straffung der rumänischen Braueien. 15 Mio. Euro sollen durch zusätzliche Verkäufe von Heineken-Bier in Zentral-/Osteuropa in die Kassen fließen, weitere 5 Mio. Euro entfielen auf ein "Upgrading" der Marken.

Ängste, die Holländer würden aus den Traditionsmarken der Österreicher - Hauptmarken im Inland: Gösser, Zipfer, Kaiser, Puntigamer, Schwechater - ein Einheitsbier machen, wurden von allen Beteiligten von Beginn an vehement zurück gewiesen.(APA)