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In Uganda sind mindestens eine Million Menschen auf der Flucht vor den Rebellen

Foto: REUTERS/Patrick Olum
Es gibt klare Zeichen, dass sich der fast vergessene Krieg im Norden Ugandas dem Ende zuneigt. Doch damit sind noch lange nicht alle Probleme der "Perle Afrikas" gelöst, berichtet Gerhard Plott aus Kampala.

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Kampala – "Wir sind das letzte Bollwerk gegen den islamischen Fundamentalismus", betont der ugandische Innenminister Ruhakana Rugunda in Kampala gegenüber dem STANDARD: "Wir kämpfen für Freiheit und Menschenrechte und führen den Krieg gegen den Terror." Rugunda, ein alter Weggefährte von Präsident Yoweri Kaguta Museveni, fordert wortreich internationale Unterstützung – man müsse seinem Land im Kampf gegen die Terroristen beistehen: Wohin Terror führe, wisse man ja.

Eine Million auf der Flucht

Die Terroristen, über die Rugunda so bitter klagt, sind die rund 3000 Kämpfer der "Lord Restistance Army" (LRA) unter dem Kommando von Joseph Kony und die "Allied Democratic Forces", die Nord- und Westuganda seit Jahren mit einem blutigen, im Westen fast vergessenen Krieg überziehen. Heute sind mindestens eine Million Menschen auf der Flucht vor den Rebellen, die vom islamisch- fundamentalistischen Regime im Sudan unterstützt werden. Österreichische "Ärzte ohne Grenzen" versuchen den Flüchtlingen zu helfen.

20.000 Kinder entführt

Die politischen Ziele der LRA, die ethnisch dem Volk der Acholi zugeordnet wird, sind gelinde gesagt unklar: Fest steht, dass sie die Verfassung durch die christlichen zehn Gebote ersetzen und Museveni aus dem Präsidentenamt jagen wollen. Sonst gibt es keine politischen Aussagen der LRA, die in den letzten 15 Jahren rund 20.000 Kinder entführt und als Kindersoldaten eingesetzt hat.

Dass die sudanesischen Fundis eine wirre christliche Banditentruppe unterstützen, hat seinen Grund. Uganda unterstützte nämlich seinerseits die Rebellen der SPLA, die im Südsudan gegen das Regime in Kartoum kämpfen. Doch Innenminister Rugunda schwört Stein und Bein, dass seine Regierung diese Unterstützung gestoppt habe.

Friedenshoffnungen

Und tatsächlich kam es vorige Woche zu einem Treffen von Sudans Staatschef Omar al-Bashir und dem ugandischen Verteidigungsminister Amama Mbabazi, bei dem sich beide Länder einigten, die Hilfe für die jeweilige Rebellentruppe einzustellen. Al-Bashir lobte am Dienstag sogar den SPLA-Führer John Garang im sudanesischen Staatsfernsehen – eine unerhörte Tat, die die Hoffnungen auf ein Ende des 20-jährigen Krieges dramatisch verstärkt.

Museveni will mehr

Doch Uganda, die "Perle Afrikas", wie das Land von Winston Churchill genannt wurde, hat auch ohne den Krieg im Norden eine Menge Probleme. Präsident Museveni, dessen zweite Amtszeit sich dem Ende zuneigt, will die ugandische Verfassung neu schreiben lassen. Einer der schwerwiegendsten Änderungen beträfe Museveni selbst: Er will ein drittes Mal zur Präsidentenkür antreten, obwohl es ihm nach der alten Verfassung verboten wäre.

Museveni-Gegner, deren Zahl ständig wächst, wollen aber frischen Wind an der Staatsspitze. Museveni sei verbraucht und habe während seiner Amtszeit das Land zwar stabilisiert, aber dafür auch in den Kongo-Krieg getrieben. Die Korruption sei ausufernder denn je, wird geklagt. Und tatsächlich war Uganda, eines der dichtestbesiedelten Länder in Afrika, im Jahr 2001 unter den drei korruptesten Ländern der Welt.

Tochter reist im Präsidentenjet

Museveni selbst scheint dem politischen Alltag schon ein bisschen entrückt: Letzte Woche schickte er seine Tochter Natasha zur Entbindung nach Deutschland. Allerdings mit seinem Präsidentenjet, was ihm harsche Kritik seiner Gegner einbrachte. Der Staatschef selbst zeigte sich verwundert über die Vorwürfe: Sicherheitsgründe seien ausschlaggebend gewesen.

Auch Musevenis Bruder, Generalleutnant Salim Saleh, wird von Regierungsgegnern hart kritisiert. Der Kommandant der ugandischen Reservestreitkräfte soll in großem Stil mit Waffen handeln und auch sonst in Sachen Schmuggel der große Mann sein. Doch niemand unternimmt etwas gegen ihn, obwohl die regierungskritische Presse regelmäßig gegen Saleh wettert.

Andererseits hat die ugandische Regierung auf dem Gebiet der Armutsbekämpfung Hervorragendes geleistet, sagt Sudharshan Canagarajah, der Chef der ugandischen Weltbankaußenstelle. Auch im Kampf gegen die Aids-Pandemie hat sich Uganda hervorgetan: Die Zuwachsraten konnten gebremst werden. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.10.2003)