Wien - Supraleitung und Superfluidität bieten den Wissenschaftern die ansonsten seltenen Gelegenheiten, so genannte Quantenphänomene mit eigenen Augen beobachten zu können. Das kommt daher, dass die kleinsten Teilchen in derartigen Zuständen - ähnlich wie auch beim Laser - sozusagen im Gleichklang agieren und so in der Masse ihre Geheimnisse preisgeben. Die diesjährigen Physik-Nobelpreisträger Alexei Abrikosov, Vitaly Ginzburg und Anthony Leggett lieferten wesentliche Beiträge zur theoretischen Erklärung von Supraleitung und Suprafluidität.

Die Entdeckung der Supraleitung, bei der Strom ohne jeden elektrischen Widerstand Materialien durchdringt, gelang bereits im Jahr 1911 durch Heike Kammerlingh Onnes (Niederlande). 1972 wurden John Bardeen, Leon Cooper und Robert Schrieffer für ihre theoretische Erklärung des Phänomens mit dem Nobelpreis belohnt. Allerdings konnte mit der Theorie nur die so genannte Typ-I-Supraleitung beschrieben werden, bei der Magnetfelder vom Leiter verdrängt werden.

Typ-I-Supraleiter wären damit für praktische Anwendungen unbrauchbar, erklärte Harald Weber, Professor am Atominstitut der österreichischen Universitäten in Wien, gegenüber der APA. Wird der Leiter nämlich einem Magnetfeld - das etwa beim Stromfluss entsteht - ausgesetzt, bricht die Supraleitung bei einem bestimmten Schwellenwert schlagartig zusammen. Das Material befördert den Strom dann wieder mit dem normalen elektrischen Widerstand, obwohl die Temperatur für Supraleitung ausreichen würde.

Daneben gibt es aber nachweislich Materialien, etwa Niob-Titan- oder Niob-Zinn-Legierungen, in denen Supraleitung und Magnetismus sehr wohl neben einander existieren können. Damit wird die Leitung ohne Widerstand auch für praktische Anwendungen interessant. So wird in großen Magneten in Magnetresonanztomografen Supraleitung heute bereits kommerziell genutzt.

Ginzburg und sein Schüler Abrikosov lieferten die entscheidenden theoretischen Grundlagen, mit denen auch die magnetfeldverträgliche, so genannte Typ-II-Supraleitung ausreichend beschrieben werden kann. Das Geheimnis sind so genannte "in sich geschlossene Supraströme", die sich in den Supraleitern aufbauen und ein magnetisches Gitter aufbauen, so Weber.

Besondere Aktualität erhielten die Forschungen in den vergangenen Jahren, seit die Hochtemperatur-Supraleitung entdeckt wurde. Dabei müssen die Materialien nicht mehr mit teurem, flüssigem Helium auf knapp an den absoluten Nullpunkt, sondern nur noch auf Temperaturen gekühlt werden, die auch mit flüssigem Stickstoff - heute bereits bei minus 138 Grad Celsius - erreicht werden. Laut Rudolf Grimm, Experimentalphysiker an der Universität Innsbruck, steht eine ausreichende theoretische Erklärung der Hochtemperatur-Supraleitung noch aus.

Noch nicht in technischen Anwendungen ist die Suprafluidität, bei der Helium mit einer Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt praktisch ohne innere Reibung fließt. Leggetts Erklärungen für dieses Phänomen fußen auf den gleichen Theorien, mit denen Abrikosov und Ginzburg Typ-I- und Typ-II-Supraleitung erklärten, auch dabei spielen laut Weber zirkulierende Ströme im Helium die entscheidende Rolle. (APA)