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Der französische Finanzminister Francis Mer kann aufatmen: Vorerst wird es keine Sanktionen wegen der Defizitsünden geben (Im Bild rechts: Jean-Claude Trichet, künftiger Chef der EZB)

Foto: REUTERS/Vincent Kessler
Luxemburg - Im Streit um die dramatisch hohe Neuverschuldung in Frankreich wollen große Staaten wie Deutschland den Druck auf Paris vermindern und Sanktionen auf die lange Bank schieben. Angesichts der Konjunkturflaute könnte Frankreich gegen Selbstverpflichtungen eine Frist bis 2005 zum Haushaltsausgleich eingeräumt werden, hieß es am Dienstag in Luxemburg am Rande von Beratungen der EU-Finanzminister. Im Euroland gibt es unterdessen - vor allem von Italien und Österreich - Bestrebungen, nachträglich 1- und 2-Euro-Banknoten einzuführen.

Grasser: Keine Kompromisse

Im Defizit-Streit sagte Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Frankreich müsse schon im kommenden Jahr die Defizitgrenze von drei Prozent einhalten. "Ich sehe keine Kompromissmöglichkeit." Der deutsche Finanzminister Hans Eichel sprach sich für eine Spar-Vereinbarung zwischen Paris und der über den Stabilitätspakt wachenden EU-Kommission aus. "Es kommt darauf an, dass Frankreich sich bewegt. Das hat es getan", sagte Eichel. Er fügte hinzu: "Ich hoffe, dass Frankreich sich klar und eindeutig zum Stabilitäts- und Wachstumspakt bekennt". In der EU drängen vor allem kleine Länder auf einen unnachgiebigen Kurs gegen Paris. Große, meist defizitgeplagte Länder wie Deutschland und Italien steuern dagegen einen sehr zurückhaltenden Kurs.

Spezifisch französisches Problem

Frankreich stellte in Luxemburg sein Schulden-Budget für 2004 mit einer Defizitquote von 3,6 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt vor. Damit dürfte Paris in dritten Jahr in Folge gegen den Euro-Stabilitätspakt verstoßen. Der französische Minister Francis Mer sagte, es handele sich nicht um ein spezifisch französisches Problem, denn die Neuverschuldung erreiche in der gesamten Eurozone im laufenden Jahr den Maastricht-Grenzwert von drei Prozent vom BIP. Laut EU-Währungskommissar Pedro Solbes soll die schleppende Entwicklung der französischen Wirtschaft berücksichtigt werden, wenn eine EU-Strafe wegen der Verletzung der Haushaltskriterien diskutiert wird. Er kritisierte jedoch Frankreichs Haushaltsanstrengungen als unzureichend.

Keine Zwangsmaßnahmen

Die EU-Kommission will ungeachtet des versöhnlichen Kurses vieler EU-Staaten am Mittwoch förmlich feststellen, dass Paris sich nicht an EU-Vorgaben vom Juni zur Defizitverminderung gehalten hat. Am 15. oder 21. Oktober sollen dann Vorschläge für wirtschaftspolitische Empfehlungen angenommen werden. Harte Zwangsmaßnahmen gegen Paris dürften Anfang November nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit in der Ministerrunde finden, sagten Diplomaten. Mit diesen Empfehlungen würde Frankreich als erster EU-Staat einen Teil seiner haushalts- und finanzpolitischen Souveränität verlieren. (APA/dpa)