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Ein gezeichneter Kurt Jara - Sportchef Beiersdorfer: "Die Körpersprache von Mannschaft und Trainer hat uns zum Umdenken bewogen."

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Der neue Mann beim HSV, der es richten soll, Klaus Toppmöller.

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Hamburg - Mit einer Nacht- und Nebel-Aktion hat der Vorstand des deutschen Fußball-Bundesligisten Hamburger SV den in halb Europa umworbenen Klaus Toppmöller als Trainer gewonnen, seine Glaubwürdigkeit aber verloren. Nach der plötzlichen Trennung von Kurt Jara am Mittwoch Abend mussten sich am Donnerstag sowohl der Vereinsvorsitzende Bernd Hoffmann als auch Sportchef Dietmar Beiersdorfer kritische Fragen und Vorwürfe gefallen lassen.

Öffentliche Entschuldigung bei Jara

Noch am Montag hatten sie Treueschwüre auf Jara geleistet und ihm eine Arbeitsplatzgarantie für das Spiel gegen den Glieder-Klub FC Schalke 04 am Samstag gegeben. Mit Toppmöllers Verpflichtung gehen die mit einem Millionen-Defizit belasteten Hanseaten ein neues wirtschaftliches Risiko ein. Hoffmann sah sich wegen seines Wortbruchs zu einer öffentlichen Entschuldigung bei Jara, Mannschaft, Fans und Medienvertretern gezwungen.

Sportchef Beiersdorfer: "Keine Meisterleistung"

Für den plötzlichen Meinungswandel und der Abkehr vom Tiroler lieferte Sportchef Beiersdorfer die Begründung: "Die Körpersprache von Mannschaft und Trainer hat uns zum Umdenken bewogen." Die Trennung von Jara sei keine Meisterleistung, dennoch stehe die HSV-Führung dahinter. "Die moralische Bewertung müssen wir anderen überlassen", meinte Beiersdorfer und räumte ein, dass "das eine oder andere bei den Spielern zurückbleiben" könne.

Toppi hofft auf Euphoriewelle

Toppmöller, der seit seiner Entlassung bei Bayer Leverkusen am 16. Februar d.J. arbeitslos war, will in Hamburg einen Verein "mit dem besonderen Klick" gefunden haben. "Die Mannschaft hat unter ihren Möglichkeiten gespielt. Ich will dem HSV neues Leben einhauchen, eine Euphoriewelle wie schon in Mannheim, Frankfurt, Saarbrücken und Leverkusen lostreten", verkündete "Toppi".

Schwärmerischer Beiersdorfer

Der 52-Jährige, der nicht nur wegen seiner Fachkenntnis, sondern auch seiner Motivationskünste geschätzt wird, will mit dem Bundesliga-Dino "an alte glorreiche Zeiten" anknüpfen. Beiersdorfer schwärmte von der Begeisterung und dem Detailwissen Toppmöller. Noch vor dem ersten Training gab er der Mannschaft mit auf den Weg: "Bei mir wird knallhart nach Leistung aussortiert."

"Schmerzensgeld" für Jara

Die HSV-Führungsriege bewertet die finanziellen Belastungen durch den Trainertausch als nicht Besorgnis erregend. Nach dem Scheitern im UEFA-Cup und dem damit verbundenen Minus von zwei Millionen Euro muss der Verein nun auch noch Abfindungen für den entlassenen vierköpfigen Trainerstab aufbringen. Allein Jara, dessen Vertrag erst im August bis 2005 verlängert worden war, soll rund 500.000 Euro "Schmerzensgeld" kassieren.

Seitenhieb auf Jara

"Trotz der Kosten werden wir die Auflagen der DFL erfüllen", sagte Hoffmann, der dem scheidenden Jara noch einen besonderen Hieb versetzte. "Toppmöller bringt genau das, was wir bisher vermisst haben: Leidenschaft und Begeisterung." "Ich bin nur noch traurig", bekannte Jara. Gerüchte, wonach der Österreicher nach Wien gehe, werden von der Austria dementiert. "Da ist überhaupt nichts dran. Frank Stronach hat mir vor seinem Abflug nach Übersee nochmals gesagt, dass es über Joachim Löw keine Diskussion gibt", erklärte Austria-Sportdirektor Günter Kronsteiner am Donnerstag gegenüber der APA.

Schock für HSV-Spieler

Die HSV-Spieler stehen dem Trainerwechsel mehrheitlich skeptisch gegenüber. "Das ist für Kurt Jara entwürdigend", klagte Abwehrspieler Milan Fukal an und befürchtet sogar negative Auswirkungen auf die Motivation. Von "deprimierend" (Kapitän Hoogma) bis "brutal" (Pieckenhagen) reichten die Beschreibungen. Auch Idol Uwe Seeler geht auf Distanz zu seinem HSV: "Diesen Schritt kann ich nicht nachvollziehen. Ich will es aber auch nicht." (APA/dpa)