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Foto: APA/AFP/Hoang Dinh Nam
Salzburg - 1984 wurde bei James Locke Aids diagnostiziert. Die Ärzte gaben ihm damals noch drei Jahre zu leben. Am Donnerstag schilderte er vor dem European Health Forum Gastein, wie er heute mit der Krankheit umgehen kann. 8.000 Pillen muss er jedes Jahr schlucken, aber er könne immer noch ein qualitätsvolles, aktives und selbstständiges Leben führen, schilderte Locke. Doch der Forschung macht die zunehmende Resistenz der HI-Viren gegen Medikamente zu schaffen. Ein Großteil der Infizierten trägt bereits medikamentenresidente Viren in sich.

"Die wachsende Widerstandkraft der HI-Viren gegen Medikamente ist im Zunehmen begriffen und erweist sich als das größte Hindernis im Kampf gegen Aids", erklärte Anton Pozniak, Aids-Spezialist am Chelsea und Westminster Hospital in London. "Das HI-Virus vermehrt sich extrem schnell, jeden Tag entstehen Billionen neuer Viren. ARV-Medikamente (antiretrovirals) können zwar die weitere Vermehrung stoppen, doch das hilft nur bedingt: HI-Viren können ihre genetische Struktur während der Vermehrung verändern und sind dadurch gegen das Medikament oder die Wirkstoffkombination resistent, mit der die Vermehrung hätte gestoppt werden sollen", so Pozniak.

Therapie immer schwieriger

Diese Mutationsfreudigkeit macht ständige Wechsel in der Therapie nicht nur notwendig, sondern auch immer schwieriger. Bei einem Großteil der rund 350.000 HIV-Infizierten in Westeuropa würden vermutlich schon Arzneien-Resistenzen bestehen, so der Experte. Die steigende Resistenz bringe die großen Fortschritte in Gefahr, die auf dem Feld der Aids-Bekämpfung schon erzielt wurden, und die es erlaubten, mit Aids mehr wie mit einer chronischen Infektion als mit einer tödlichen Immunschwäche zu leben.

HI-Viren, die gegen eine bestimmte Arznei resistent sind, können diese Widerstandskraft auch gegenüber Medikamenten der gleichen Wirkstoffklasse aufweisen, selbst wenn diese bisher noch nie verwendet wurden (cross-resistance). Diese Tatsache kann den Erfolg einer Therapie stark einschränken oder völlig zunichte machen. Setzen die Patienten die Therapie trotz anwachsender Virenzahl fort - das heißt, es besteht bereits eine Resistenz -, so kann die Resistenz beschleunigt zunehmen und eine cross-resistence verstärken.

Ansteckung

Medikamenten-Resistenz betrifft nicht nur Patienten, die bereits medikamentös behandelt wurden. Sie können bereits mit einem resistenten Virus angesteckt worden sein. Für diese Patienten dauert es länger, bis eine adäquate Behandlung für sie gefunden worden ist, und kürzer, bis diese Behandlungsmöglichkeit auch wieder versagt.

Die so genannte CATCH-Studie, die zwischen 1996 und 2002 unter 1.600 HIV-positiven Menschen aus 17 Europäischen Staaten durchgeführt wurde, zeigte, dass einer von zehn frisch diagnostizierten Patienten medikamentenresistente HI-Viren in sich trug. Eine ähnliche Studie aus den USA belegte, dass bei Neuinfizierten, die zwischen 1999 und 2000 untersucht worden waren, die Medikamentenresistenz auf 16,5 Prozent angewachsen war - eine Steigerung um 4,6 Prozentpunkte seit der letzten Untersuchung. Und in Galizien in Spanien ergab 1999 eine Studie, dass die knapp 300 untersuchten HIV-Patienten zu 76 Prozent resistente HIV-Mutationen aufwiesen. (APA)