St. Pölten/Wien - In den Altenheimen herrsche "Pflegenotstand", betont Grünen-Klubobfrau Madeleine Petrovic. Und nutzte die erste Landtagssitzung nach dem Sommer - gleichzeitig die erste, die per Webcam live im Internet übertragen wurde - für einen Resolutionsantrag wegen des Fehlens von "landesweit 200 diplomierten Pflegerinnen und Pflegern".

Manko an Teilzeitmodellen

Schuld an dieser Situation, so Petrovic, trage unter anderem das "Manko an Teilzeitmodellen" für Pflegerinnen. Nach der Babypause sei ein Vollzeit-Radldienst nicht mehr durchzuhalten. Das Resultat - zu wenig Altenpfleger - werde vom Land dann mithilfe so genannter Pool-Dienste (Fachpersonal, das Leiharbeitsfirmen zur Verfügung stellen) behoben. Für die Grünen-Chefin nicht akzeptabel, während im Büro von Landeshauptmannstellvertreterin Liese Prokop (VP) betont wird, beim Pool-Personal handle es sich "um voll ausgebildete Kräfte".

Hintergrund der Grünen-Kritik bildet der Bericht 04/ 2003 des Landesrechnungshofes, in dessen Rahmen das Landespensionisten- und -pflegeheim Berndorf überprüft wurde. Bei einem Sollstand von 45 Mitarbeitern fehlten dort fünf Kräfte, stellten die Kontrollore fest. "Im kommenden Jahr werden in Berndorf fünf Pflegerinnen aus dem zweiten Bildungsweg zur Verfügung stehen", heißt es dazu aus dem Büro Prokop.

Beschwerdeboom

In Wien boomen derweil die Beschwerden bei der neu eingerichteten Pflegeombudsstelle. "Mit sehr konkreten Sachen" kämen Betroffene ins Büro von Pflegeanwalt Werner Vogt, berichtet Projektleiterin Elisabeth Paschinger aus dem soeben bezogenen Büro "Am Modenapark".

Angesichts der intensiven Berichterstattung nach dem Pflegeskandal im Geriatriezentrum "Am Wienerwald" läuten an vielen Stellen die Telefone. VP-Sozialspreche- rin Ingrid Korosec behauptet, "Hunderte" hätten sich schon bei ihr gemeldet, um von Missständen berichten. Die FP startet eine "Dokumentation über Patientenschicksale für die U-Kommission", die demnächst zur Untersuchung von Pflegemissständen ihre Arbeit aufnehmen wird. An anderen Stellen weiß man zu berichten, dass das Denunziantentum fröhliche Urständ' feiere.

Aupairmädchen

Auf ein Problem ganz anderer Art weist AK-Vizepräsident Alfred Gajdosik hin. Er schätzt, dass einige Hundert Aupairmädchen aus anderen Ländern statt für die Kinderbetreuung für die Pflege älter werdenden Menschen eingesetzt würden.

Um den Personalmangel zu beheben, werden österreichweit Imagekampagnen vorbereitet, um auf den Pflegeberuf aufmerksam zu machen. Bis 30. November findet in österreichischen Alten- und Pflegeheimen der "Aktionsherbst 2003" statt. (bri, aw, DER STANDARD Printausgabe 3.10.2003)