Dieses maskenhafte Lächeln entstammt, man ahnt es schon, der Werbebranche. Wenngleich hier in anderem Zusammenhang, als man denken würde.

Und dieses Lächeln spielt auch eine prominente Rolle bei der Wiedereröffnung des Österreichischen Filmmuseums nach viermonatiger Umbaupause. Welche - und was das mit "Dichtung und Wahrheit" zu tun hat, wird später enthüllt.

Vorerst, aus Anlass des Tags der offenen Tür am 3.10., ab 13:00, ein Blick zurück:

Foto: Filmmuseum

Der Saal, wie er bis zur Sommerpause war, genoss in Fachkreisen schließlich Berühmtheit: Der österreichische Avantgarde-Filmemacher und (bis 2000) Filmmuseumsdirektor Peter Kubelka hatte nach einem Prototyp in New York sich hier der Vision eines "unsichtbaren" schwarzen Kinos angenähert; nichts außer dem Leinwandbild sollte Zuseheraugen treffen.

Freilich umgesetzt mit vielen Konzessionen: Die Leinwand war etwas klein geraten, und die Notausganglampen waren ein konstanter optischer Störfaktor. Beim nunmehrigen Umbau in die Version "Das Unsichtbare Kino 3" wurde nachgebessert.

Foto: H C Leitich

Auffälligste Neuerung: die Bestuhlung. Sie mögen handwerkliche Prachtstücke aus verchromten Stahlrohr und Holz bewesen sein, die alten Sitze - und geeignet für Leute, die von der Universität her eine vornüber gebeugte Haltung mit von den Händen gestütztem Kinn als konzentrationsfördernd ansahen.

Eine Qual waren sie bei längeren Vorführungen aber doch - und zuletzt so altersschwach, dass selbst kleine Bewegungen zu lautem Knarren führten, wenn nicht überhaupt gleich die ganze Reihe ächzend schwankte.

Foto: H C Leitich

Während die Projektions- und Tontechnik in der Sommerpause 2002 auf mehr als nur zeitgemäßen Stand gebracht worden war, verblieb für eine weitere Saison praktisch alles im Saal in seinem maroden Zustand, bis hinunter zu den Fundamenten.

Und auch die geplante Vergrößerung der Leinwand wie die Verlegung der Notausgänge bewirkte, dass sich zu Mitte des Sommers ein pittoresker Baustelleneindruck präsentierte - mit Mischmaschine und Eisenbiegern.

Foto: H C Leitich

Die Arbeiten bestanden dabei aus einer Mischung aus Neubau und Erhaltung:

Erhalten bleiben sollte etwa die wellige schwarze Wandoberfläche mit ihrer bewährten Akustik und die allgemein als angenehm empfundene steile Saalneigung, unter der freilich eine neue Lüftungsanlage unterzubringen war.

Foto: H C Leitich

Dieser Raumeindruck bestand dann nach Abschluss der Bauarbeiten nur für ein kurzes Zeitfenster:

Ohne die Bestuhlung kam die fast durchgehende schwarze Kunstsamtoberfläche besonders satt zur Geltung - wie auch ein Stück gelungener architektonischer Detailplanung, die glimmenden Lichtbalken, welche die Stufen markieren.

Foto: H C Leitich

Speziell in Seitenansicht ergab sich eine fast archaisch Zen-artike Optik des Saales.

Und die Gedankenspielerei, dass der Saal ohne Stühle für die erste Retrospektive, die ab 4.10. dem "Art Theater Guild", somit dem unabhängigen japanischen Kino 1962-1984 gewidmet ist, eigentlich viel geeigneter wäre, ...

Foto: H C Leitich

... wenn nicht gerade diese Retrospektive nicht ein an Traditionen hängendes Kino-Japan zeigen würde, sondern (wie auch mit dem Plakatmotiv angedeutet) eines der Revolutionen, Tabuüberschreitungen und Avantgardismen vor allem der Sechziger und Siebziger Jahre - mit u.a. hiezulande kaum bekannten Werken von bekannten Namen wie Nagisa Oshima, Shuji Terayama, Sogo Ishii oder Juzo Itami.

Zum Vormerken: Am 20. und 21.9. wird es zum japanischen Experimental- und Undergroundkino auch ein Symposium geben.

Foto: Filmmuseum

So jedenfalls sieht der Saal der 3.0-Version des "Unsichtbaren Kinos" nach seiner Fertigstellung (am Dienstagabend) aus - jener, so das Filmmuseum in ihrem Programm, "minimalistische 'Prunksaal der Moderne'":

Alles blieb schwarz, die neuen Polstersesseln sind (getestet!) freundlich zu unteren Wirbelsäulen, die Notausgangslichter ans hintere Saalende gewandert. Knapp, aber doch rechtzeitig scheint alles parat für den langen Eröffnungstag.

Foto: H C Leitich

Und das führt zur Auflösung der Frage nach der Herkunft des maskenhaften Lächelns: Im Rahmen des Tags der offenen Tür, am 3.10., 14.30 Uhr, erlebt das jüngste Werk von Peter Kubelka eine späte Uraufführung:

Dichtung und Wahrheit führt, um verknappt anzudeuten, in filmische Hochglanzprodukte etwa der Werbebranche ein - und zwar unter dem Blickwinkel, dass vor dem Ruf "Action!" und nach dem Ruf "Cut!" ja auch so einiges (nur für Außenstehende Groteskes, Realsatirisches und auch Entlarvendes) auf Filmmaterial gebannt wird.

Fotos: Filmmuseum

Ein großes Manko des Österreichischen Filmmuseums war bislang auch das Foyer gewesen - zugig, im Erscheinungsbild kahl wie ein Nebenraum von Süd- oder Westbahnhof und auch durch ein Fehlen eines Buffets nicht eben zum Verweilen einladend.

Im Bild das Aussehen zu Sommermitte: Die Kassenfront ist schon entfernt, die Zwischenwände zu den dahinter liegenden, zuletzt wenig benutzten Lagerräumen stehen noch.

Foto: H C Leitich

Schon seit längerem bekannt war die 3D-Simulation für die neue Foyerlösung, wie sie das mit den Umbauarbeiten beauftragte Architektenduo Friedrich Mascher und Erich Steinmayr entworfen haben:

Statt einer Enfilade von Lagerräumen erstreckt sich entlang der ebenerdigen Straßenfront eine neu geschaffene Bar; ein durch die Gebäudepfeiler in seiner Größe definierter, in den Foyerraum gestellter Kubus beinhaltet auch den Gang zu den Waschräumen.

Grafik: Büro Steinmayr & Mascher

Wie ein fotografischer Lokalaugenschein in den letzten Phasen der Einrichtung und Reinigung belegt, ist das Raumkonzept besser aufgegangen, als es die Simulation vermuten ließe; Probelümmeln an der Barkante ergab zufrieden stellendes Vorabgefühl.

Die Kassa wird künftig jedenfalls am Baranfang sein, die multimedialen Einspielungen an den Monitoren sind als permanente Eye-Catcher angelegt, die genauen Bar-Öffnungszeiten sind noch nicht längerfristig fixiert.

Foto: H C Leitich

Von 13:00 bis 20:30 steht am Freitag schließlich auch die stetig anwachsende, nunmehr übersichtlichere und so besser benützbare Bibliothek im ersten Stock für Besuche offen.

Mit einer Art Flohmarkt: Überzählige Filmzeitschriften und klassische Filmbücher werden antiquarisch zum Verkauf angeboten.

Foto: H C Leitich

Am Dienstagabend wurde dann am - sagen wir mal - markanten Sockel der Albertina das "Firmenschild" montiert. Und für Details, was am 3. Oktober von 13:00 Uhr bis nach Mitternacht im Rahmen des Tags der offenen Tür an Filmbeispielen aller Art gezeigt wird (u.a. restaurierte "Takes & Outtakes" von Murnaus Südsee-Klassiker Tabu, präsentiert von Enno Patalas), sei auf die Homepage Filmmuseum.at weiterverwiesen.
(hcl)

Foto: H C Leitich