Berlin - Ein bisher unbekannter Brief des französischen Philosophen René Descartes (1596-1650) ist jetzt in der Berliner Staatsbibliothek entdeckt worden. Wie die Staatsbibliothek am Montag mitteilte, wurde der Brief vom 2. Oktober 1640 aus Leiden an den niederländischen Diplomaten Joachim de Wicquefort (1600-1670) durch den Philosophen Erik-Jan Bos von der Universität Utrecht entdeckt, der eine Neuausgabe der Descartes-Briefe des Jahres 1643 vorbereitet.

Drängen auf Kritik

Den Brief fand Bos in einer Mappe aus der Sammlung Ludwig Darmstaedter, in der ansonsten bekannte Materialien von und zu Descartes aufbewahrt werden. Der Brief an Wicquefort ist in Französisch verfasst. Descartes befasst sich darin mit dem Manuskript der lateinischen Übersetzung seines Werkes "Météores", das er mehr als ein Jahr zuvor an den Amsterdamer Professor Caspar Barlaeus ausgeliehen hatte, der eine Kritik zu diesem damals noch nicht gedruckten Werk verfassen wollte. Als jedoch diese Kritik auf sich warten ließ, bat Descartes seinen Freund Wicquefort, auf die Rückgabe des Manuskripts zu drängen.

Aus Privatbesitz in Staatsbibliothek

Seit dem Anfang des 20. Jahrhunderts konnten nur noch vereinzelt unbekannte Briefe des berühmten Denkers entdeckt werden, der letzte Neufund liegt mehr als 25 Jahre zurück. Der jetzt in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz entdeckte Brief kam im Jahr 1926 aus dem Besitz des Berliner Industriellen Ludwig Darmstaedter (1846-1927) in die damalige Preußische Bibliothek. Die umfangreiche Sammlung Darmstaedter mit insgesamt 218.000 Autographen wurde seit 1909 nach und nach als Geschenk an die heute Staatsbibliothek zu Berlin übergeben. (APA/dpa)