In Österreich bleiben jährlich sieben Millionen liegen, weil Gewinne nicht abgeholt werden

Foto: Photodisc
Wien - Rubbeln des Rubbelns wegen, Lottospielen des Ankreuzens wegen - kurz: der Weg ist das Ziel. Konfuzius dürfte unter heimischen Glücksrittern hoch im Kurs sein. Viele machen zwar ihr Spiel, das Endergebnis ist ihnen aber scheinbar völlig egal. Pro Jahr bleiben bei den Österreichischen Lotterien sieben Millionen Euro an Gewinnen liegen.

"In erster Linie handelt es sich um kleinere, nicht eingelöste Gewinne, die sich übers Jahr eben summieren", erklärte Gerlinde Wohlauf von den Österreichischen Lotterien am Montag auf STANDARD-Anfrage. Vor allem richtige Dreier und Vierer auf Lottoscheinen sowie geringe Losgewinne, die eigentlich direkt in Trafiken und anderen Vertriebsstellen in Bares eingelöst werden könnten, werden nicht abgeholt. "Viele vergessen wahrscheinlich einfach drauf", glaubt Wohlauf. Ausgespielte Gewinne aus Lotto und Toto werden grundsätzlich ein halbes Jahr auf einem Treuhandkonto aufbewahrt, Lose haben ein wesentlich längeres Ablaufdatum, das auf der jeweiligen Ticketrückseite aufgedruckt ist.

Promotion-Pot

Die jährlich sieben Mille, die keiner haben will, landen in einem Pot, dessen Vorname nicht Jack, sondern Promotion lautet. "Damit werden zusätzliche Gewinnaktionen, wie zum Beispiel das Aufwiegen des Körpergewichtes in Euromünzen, finanziert", erläutert Wohlauf. Auch die 15 Luxuskreuzfahrten, die momentan anlässlich des 15-jährigen Bestehens der Joker-Variante auf Wettscheinen ausgespielt werden, sind Gewinnverweigerern zu verdanken. In der vergangenen Lotto-Runde hat übrigens niemand die sechs Richtigen erraten, morgen, Mittwoch, locken deshalb 2,1 Millionen Euro im ersten Rang.

Wirklich große Gewinne sind in Österreich bisher immer abgeholt worden. Nicht so in den USA, wo kürzlich 50 Millionen Dollar (44, 9 Millionen Euro) 180 Tage vergeblich auf den anonymen Hauptgewinner warteten und schließlich zugunsten der Lotterie im US-Bundesstaat Florida verfielen.

In Italien wiederum stellt sich nach dem vor kurzem geknackten Supermegajackpot die Frage, ob und, wenn ja, von wem, die sagenhafte Summe von 66 Millionen Euro bereits kassiert wurde. Wie berichtet, streiten sechs Männer aus Lecco bei Mailand um den Gewinn. Der, dem die Spielergemeinschaft den angeblich Gewinn bringenden Lottoschein zum Aufgeben gegeben hatte, behauptet, dass die Zahlen falsch gewesen seien und er den Schein bereits vernichtet habe. Seine früheren Freunde glauben aber, dass sie betrogen wurden. Die italienische Lottogesellschaft weigerte sich bisher, bekannt zu geben, ob der Gewinn bereits ausgezahlt worden sei.

E-Mail-Schmäh

Mit der Geldgier potenzieller Opfer wird derzeit auch in einer Flut von anonym verschickten E-Mails spekuliert. "Congratulations", heißt es etwa in der Mitteilung einer "Deluxe Global Lottery Amsterdam". Der Empfänger habe ohne aktive Teilnahme an einer Lotterie soeben 13 Millionen US-Dollar gewonnen. Diskretion sei selbstredend, um Geheimhaltung wird gebeten.

Die Internationale Handelskammer (ICC) reiht die Massenmails in die Kategorie Abzockerei. Früher waren es Mails von angeblich gestürzten afrikanischen Diktatoren, die um Hilfe beim Transferieren ihres Vermögens baten, jetzt ist es der Gewinnschmäh. "Die Versender werden immer dreister", so Maximilian Burger Scheidlin von ICC Österreich. Wer auf die verlockende Gewinnzusage eingeht, erhält in der Regel die Mitteilung, dass vor Überweisung Spesen bezahlt werden müssten. Wer das tut, sieht sein Geld nie wieder, den zugesagten Gewinn schon gar nicht. (Michael Simoner, Der Standard, Printausgabe, 30.09.2003)