So beschrieben empörte Augenzeugen in Chinas Jugendzeitung oder im Internet Vorgänge zwischen 380 japanischen Touristen und Geschäftsleuten und rund 500 chinesischen Sexarbeiterinnen. Pekings internationale Tageszeitung China Daily sprach am Montag von einem "massiven Sexskandal". Ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums kommentierte die Ereignisse als "abscheulich und gesetzwidrig". Er forderte die japanische Regierung auf, ihre Bürger zum Respekt vor den Gesetzen anderer Staaten zu erziehen.
Schockwellen
Der Vorfall hat politische Schockwellen ausgelöst und verschärft Chinas tief sitzende Vorurteile gegenüber dem einstigen Erzfeind Japan, die noch so gute Wirtschaftskontakte bisher nicht überwinden konnten. Internetforen nannten die "Sexorgie" eine nationale Entwürdigung.
Tödliches Erbe
Erst vergangenen Monat hatte die Öffentlichkeit gegen ein noch immer tödliches Erbe aus Kriegszeiten protestiert. Am 4. August verseuchten sich 36 Bauarbeiter in Nordostchinas Qiqihaer an vergrabenen japanischen Giftgasbehältern aus dem Zweiten Weltkrieg. Einer starb an den chemischen Kampfstoffen.
"Mädchen vernaschen"
Ort des jüngsten Anstoßes war am 16. und 17. September das Luxushotel "Zhuhai International Konferenzzentrum".
Das Datum unmittelbar vor Chinas Gedenkfeiern zum Symboltag des 18. September, an dem 1931 Japan in Nordostchina einfiel, löste besondere Wut im Internet aus. Die Behörden schlossen am Sonntag das Luxushotel, um die Ereignisse aufklären zu können, und nahmen mehrere Personen in Haft. Der Vorfall war erst am Freitag über Dolmetscher und Hotelangestellte publik geworden. Berichte, wonach Japaner in der Hotelhalle auch noch ihre Nationalfahne hissen wollten und damit prahlten, "Chinas Mädchen zu vernaschen", erhitzten die Gemüter noch weiter.
Zorn über Korruption
Der Zorn Zehntausender richtete sich aber nicht nur gegen Tokio, sondern auch gegen die eigenen korrupten Behörden und das Hotel. Die offiziell verbotene Korruption ist heute zwar in China von Peking bis nach Lhasa allgegenwärtig verbreitet. Sie tritt aber selten so massiert wie jetzt in Zhuhai auf.
Japan prüft Berichte
Informationen über den Vorfall blieben dürftig. Japans Regierung reagierte zurückhaltend. Sie müsste die Berichte erst überprüfen, bevor sie sie kommentieren kann. Fast 60 Jahre nach Kriegsende reichen im belasteten Verhältnis zwischen Peking und Tokio wenige Reizbegriffe, um Chinas Internetgemeinde in Rage versetzen zu können. Mehr als 80.000 Teilnehmer verurteilten in einer virtuellen Resolution Japans Absicht, Peking seinen Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen zu verkaufen, und drohten mit einem Boykott japanischer Waren.
Nach dem Giftgas-Vorfall verdammten mehr als eine Millionen Chinesen "Japans unvergessene Verbrechen" im Internet. Und das außenpolitische Monatsmagazin Huanjiu (Globe) überschrieb im September seine Titelgeschichte über den Giftgasunfall mit der Zeile: "Warum wir Japan so hassen."
Japans Außenministerin bedauert
Die Regierung in Tokio verucht nun die Wogen zu glätten. Sie bedaure den Vorfall zutiefst, erklärte die japanische Außenministerin Yoriko Kawaguchi am Dienstag. Falls sich die Berichte über die Sex-Orgie als wahr herausstellten, gebe es jenseits der rechtlichen Frage ein "fundamentaleres Problem", sagte die Ministerin vor Journalisten. Die Touristen hätten den weiten Weg in ein fremdes Land gemacht, um dort die "Rechte von Frauen" zu verletzen.