Wienerberger macht in Zukunft dem Ziegel die Mauer.

Der Baustoffkonzern Wienerberger, nach Eigenangaben weltgrößter Produzent von Hintermauerziegeln, plant mittelfristig den Totalrückzug aus dem Immobilien- und Beteiligungsgeschäft. Die dadurch frei werdenden Mittel will man in die Entwicklung, die Produktion und den Verkauf von Ziegeln stecken.

Marktstellung ausbauen

"Ziel ist der weitere Ausbau der Marktstellung in unserem Kerngeschäft", sagte Wienerberger-Chef Wolfgang Reithofer am Rande einer Werksbesichtigung im französischen Pont de Veaux nördlich von Lyon. Allein durch die Veräußerung nicht betriebsnotwendiger Immobilien erwartet sich Wienerberger in Summe rund 120 Mio. Euro.

Auf der Verkaufsliste stehen die 45-Prozent-Beteiligung an den Wiener Twin-Towers, wo auch die Konzernzentrale des Ziegelriesen untergebracht ist, der 49,9- Prozent-Anteil am land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Alwa sowie weitere Liegenschaften in Österreich, den Niederlanden, der Schweiz, in Deutschland und Tschechien. Auch ein Paket Immofinanz- Aktien steht zur Disposition.

Pipelife auf dem Prüfstand

"Wir haben keinen Zeitdruck", sagte Reithofer, der Verkauf sollte aber schrittweise in den kommenden vier Jahren über die Bühne gehen.

"Offen für eine Abgabe" ist der Wienerberger-Chef auch beim Rohr-Joint-Venture Pipelife. Die belgische Solvay und Wienerberger halten jeweils 50 Prozent. Dasselbe gelte für die Steinzeug-Beteiligung. Reithofer: "Wenn ein Angebot kommt, prüfen wir das."

Neue Ziegelwerke

Neben laufenden Investitionen in Höhe von knapp 90 Mio. € will Wienerberger jährlich rund 150 Mio. für Kauf und Errichtung neuer Ziegelwerke ausgeben. Neben Zentral- und Osteuropa mit besonderem Augenmerk auf Russland, die Ukraine und Rumänien sieht Wienerberger auch in Westeuropa - vor allem in Frankreich - noch Potenzial. Mit einem Volumen von 114 Mrd. entfällt auf Frankreich ein Anteil von 15 Prozent am gesamteuropäischen Baumarkt von 760 Mrd. Euro.

Potenzial in Frankreich Im Gegensatz zu anderen Ländern hat beim Hausbau in Frankreich Beton deutlich die Nase vorn. Der Ziegelanteil liegt derzeit bei nur 14 Prozent - in Österreich sind es 42 Prozent, in Italien gar 85 Prozent. Da der französische Markt weit weniger zersplittert sei als beispielsweise der deutsche, sollte durch gemeinsame Aktionen der Ziegelproduzenten der Einsatz dieses Materials in relativ kurzer Zeit deutlich gesteigert werden können, hofft Reithofer.

Die kürzlich fertig gestellte Fabrik in Pont de Veaux hat 20 Mio. Euro gekostet, die Maschinen stammen aus einer stillgelegten Fabrik im Elsass. Von hier aus will man den Wachstumsmarkt im Rhonetal mit hoch qualitativen, besonders gut dämmenden Ziegeln ("Porotherm") versorgen. (Günther Strobl aus Lyon, DER STANDARD Print-Ausgabe, 30.9.2003)