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Coverfoto: Hausmusik
... und manchmal kauft man sich eine Platte einfach nur wegen der Stimme des Sängers. Zumal wenn es sich um eine so außergewöhnliche wie die von Graeme Jefferies handelt, weithin bekannt geworden - wenn auch vielleicht nicht namentlich - als Sänger des Titellieds von Leander Haußmanns Ostalgie-Film "Sonnenallee". Jefferies' tiefes, gutturales Organ und seine charakteristischen Wechsel zwischen Brust- und Kopfstimme, stets nah am Rand des bewussten Kippens, sind einzigartig. - Glaubt es ruhig, sowas sagt man nicht oft.

... und die Jahre haben der Stimme gut getan. Viele Jahre sind das übrigens, denn die Geschichte der Cakekitchen reicht weit zurück, bis in das Neuseeland der frühen 80er Jahre. Es begann mit den Nocturnal Projections und setzte sich mit This Kind of Punishment fort - Bands, in denen Graeme zusammen mit seinem Bruder Peter, inzwischen erfolgreicher Solokünstler, zu einem integralen Bestandteil der neuseeländischen Musikszene wurde.

You know it's such a small tiny planet ...

Umbesetzungen in den Bands waren die Regel, blieben es auch, als 1987 The Cakekitchen geboren wurde; mehr oder weniger ein Vehikel für Graeme Jefferies, seine musikalischen Vorstellungen auszuleben.

In der gegenwärtigen Form ist die "Band" praktisch eine deutsche: Folge von Jefferies' langjährigem Deutschlandaufenthalt, der im "Sonnenallee"-Auftrag mündete, welcher seinerseits Hausmusiker Michael Heilrath (Couch) dazu animierte, Jefferies nach München einzuladen. So entstand "How Can You Be So Blind?" in Zusammenarbeit mit weiteren VertreterInnen der bayrischen Musikszene: Markus Acher etwa (The Notwist), Barbara Streidl (Moulinettes) oder Salewski (Merricks).

... and it's getting smaller every year

Die CD beginnt, ein wenig im Widerspruch zum bisher Gesagten, ausgerechnet mit dem Stück, in dem Jefferies' Stimme am wenigsten zur Geltung kommt. Als einzig schnelle Nummer gibt "You Know I Really Like Your Style" aber einen guten Eindruck vom typisch schrammeligen Gitarrensound Neuseelands, der dem kleinen Europa am anderen Ende der Welt in den 80ern auch im großen zu einem musikalischen Boom verhalf.

Versammelt in Labels rund um die Übermutter "Flying Nun" spielten sich Bands wie die Chills, The Clean, Tall Dwarfs, Bailter Space oder die Verlaines in die musikalische Oberliga (in Independent-Maßen gemessen natürlich). Und keiner dieser Namen fällt hier einfach so, sondern trägt die sublime Botschaft in sich: Leute. Kauft. Platten. Von. Diesen. Gruppen. - es lohnt sich! Wer den seinerzeitigen Boom verpasst hat, kann seine Bestände bei einem Gang durch Wellingtons Cuba Street mit ihren teils riesigen Second Hand-Läden jederzeit aufstocken. Geldreserve fürs Übergepäck aber nicht vergessen.

We'll put both feet in the water ...

Ab Stück 2, dem Titelsong der CD, spielt Jefferies dann seine wertvollstes Gut voll aus. Kammermusikalisch angehauchte Balladen mit Akustikgitarre und abwechselnder Geigen- oder Cello-Begleitung, ganz im "Sonnenallee"-Stil, sind der ideale Untergrund für Jefferies' Gesang.

Auf die Spitze treibt er seine Stärke, wenn er wie im Refrain von "Beautiful Hidden Lagoon" genüsslich damit zu spielen beginnt. Abrupte Stimmlagenwechsel lassen den Eindruck entstehen, in einem plötzlich absackenden und wieder anfahrenden Aufzug zu stehen. Man könnte seekrank davon werden, wenns nicht so schön wäre.

... come on in with me

Neben dem rockigen Eröffnungsstück sticht noch Nummer 6, "The Rainmaker", durch halbschnelles Tempo und ungewohnt sommerlichen Sound hervor; halbmelancholisch gegeigt jedoch auch dies. Der Rest der CD sind durchwegs Balladen. Dass nicht mehr als neun Lieder darauf Platz fanden, liegt an der Überlänge zweier Stücke, dem schon genannten "Beautiful Hidden Lagoon" und der Schlussnummer "The Resurrection of Lieutenant Ghmpinski" - zum Glück also den beiden schönsten Liedern auf "How Can You Be So Blind?".

... und über all dem wie gesagt diese Stimme . Schnurrrrr. (Josefson)