Anleihen werden nicht umsonst auch als Renten bezeichnet. Man legt das Geld hin und bezieht für die fixierte Laufzeit den vereinbarten Anleihezins. Schön und gut. Aber während der Laufzeit kann sich das Zinsniveau ändern. Tut es auch. In den letzten Jahren meist zum Wohl der Anleihekäufer: Das Zinsniveau sank. Die Renditen der Anleihen ebenso, was steigende Kurse für ältere, höherverzinsliche Renten bedeutete.

Doch alles hat einmal ein Ende. Auch Zinsen gehen nicht ewig nach unten. Im vergangenen Juni war es so weit: Der Trend drehte. Und zwar ganz gehörig. Ein kleiner Crash am Anleihemarkt. Innerhalb weniger Wochen kletterte die Rendite zehnjähriger Euro-Staatsanleihen von 3,5 auf 4,2 Prozent. Und noch dramatischer bei US-Staatsanleihen von 3,2 auf 4,4 Prozent. Die Ursache: Etliche Indikatoren wiesen darauf hin, dass die lang erhoffte Konjunkturerholung in den USA endlich einsetzen könnte. Mittlerweile sind die Anleihekurse zwar wieder etwas gestiegen, doch stellt sich die Frage: Wenn die Konjunktur nun tatsächlich anspringt, die Renditen wegen steigender Kapitalnachfrage weiter steigen, wie kann sich der Anleihebesitzer absichern?

Für risikofreudige Anleger, die vom Wirtschaftsaufschwung überzeugt sind, ist die Alternative klar: Anleihenportfolio verringern, dafür Aktien kaufen.

Doch wer auf feste Erträge Wert legt und in Anleihen bleiben will, tut sich nicht ganz so leicht.

Zwei Möglichkeiten bieten sich an:

Einmal die Umschichtung in Anleihen mit variabler Verzinsung. Durch die in regelmäßigen Intervallen (meist halbjährlich) erfolgende Anpassung des Zinssatzes an die Marktlage kommt man bei steigenden Renditen automatisch früher oder später ebenfalls in den Genuss höherer Rendite. In Zeiten steigender Zinsen eine gute Sache. Dreht der Markt wieder nach unten, ist man schlechter dran.

Eine andere Möglichkeit bieten Zinsoptionen, die in Form von Zertifikaten seit einiger Zeit vor allem von der Deutschen Bank und von ABN-Amro angeboten werden. Und zwar auf steigende wie auf fallende Renditen.

Vehikel dafür sind Rentenindizes auf zehnjährige deutsche Bundesanleihen oder US-Staatsanleihen. Auf die werden Futures, also Optionskontrakte gehandelt.

Wie es auch für Private funktioniert:

Man kann auf steigende Kurse (also fallende Renditen) oder fallende Kurse (steigende Renditen) setzen.

Praktisches Beispiel:

Der Anleger erwartet fallende Zinsen, also steigende Anleihekurse. Der Kurs des Euro-Bund-Futures-Kontraktes, vereinfacht gesagt der Rentenindex oder der Kurs der zehnjährigen Bundesanleihe, liegt bei 115.

Der Basispreis des "Long"-Zertifikates liegt bei 110. Das Zertifikat hat daher einen Wert von fünf Euro. Steigt der Kurs des Euro-Bund-Futures auf 117, so erhöht sich der Wert des Zertifikates auf sieben Euro.

Geht man umgekehrt von steigenden Zinsen aus, kauft man ein "Short"-Zertifikat mit Basispreis über dem Indexwert. Bei Indexwert 115 zum Beispiel einen Basispreis von 120. Zertifikatwert also fünf Euro.

Steigt die Anleiherendite und sinkt somit der Index von 115 auf 110, klettert der Zertifikatswert von fünf Euro auf zehn Euro. So lässt sich mit "Short"-Zertifikaten auch bei fallenden Anleihekursen verdienen.

Achtung:

Zertifikate ohne Laufzeitbegrenzung haben eine Barriere unterhalb des Basiswertes eingebaut, bei deren Erreichen die Auszahlung des Restwertes erfolgt. Und mit dem Hebel, der umso größer ist, je näher Basiswert und Barriere am Indexwert liegen, wächst auch das Risiko! (Nikolaus Dolenz, DER STANDARD Print-Ausgabe, 25.9.2003)