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Strasser, Ernst

foto: apa/schneider
Wien/Straßburg – Österreichs Asylpolitik sorgte am Dienstag national und international für Aufregung. Ausgerechnet als im parlamentarischen Innenausschuss in Wien ein Expertenhearing zum geplanten Asylgesetz stattfand, lehnte das EU-Parlament in Straßburg den darin enthaltenen Vorschlag für eine Liste sicherer Drittstaaten ab und forderte Österreich auf, die Initiative zurückzuziehen. Die sinngemäße Begründung: sinnlos.

Wie berichtet, hatte Österreich eine EU-Verordnung angeregt, wonach die 15 EU- Staaten, die zehn Beitrittsländer sowie Rumänien, Bulgarien, Island, Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten gelten sollten. Asylwerber die über eines dieser Länder einreisten, sollten zurückgeschickt werden können, um dort Asyl zu beantragen. Doch von den 15 vorgeschlagenen (noch nicht EU-) Ländern würde mittelfristig nur die Schweiz übrigbleiben, begründet das EU-Parlament seine Ablehnung. Alle anderen Staaten würden als Beitrittsländer beziehungsweise aufgrund anderer Abkommen in absehbarer Zeit aus der Liste herausfallen. Eine Liste nur für die Schweiz, aus der nur 0,3 Prozent der illegalen Grenzübertritte nach Österreich erfolgten, mache aber keinen Sinn.

Die Entscheidung des EU- Parlaments ist für den EU-Ministerrat rechtlich nicht bindend, da die EU-Abgeordneten in diesem Verfahren nur angehört werden aber kein Mitspracherecht haben.

"Spezialgrauslichkeit"

Auch im Budgetsaal des Parlaments in Wien hörte Innenminister Ernst Strasser (VP) wesentlich mehr Kritik als Zustimmung. Wenngleich die früher heftigst kritisierte Drittstaatenregelung hier kein Thema war. "Der Entwurf gefährdet Verfolgte in Leid und Leben", warnte Gottfried Köfner vom UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR in Wien. Vor allem das so genannte Neuerungsverbot, dem zufolge in der zweiten Instanz des Verfahrens keine neuen oder ergänzenden Fluchtgründe mehr vorgebracht werden dürfen, sei menschenrechtswidrig und verstoße gegen die Genfer Flüchtlingskonvention.

Dito die Weigerung, an den Landesgrenzen keine Asylanträge mehr entgegenzunehmen. Als "Spezialgrauslichkeit" bezeichnete Heinz Patzelt, Generaldirektor von Amnesty International Österreich, den Umstand, dass künftig nur mehr Traumatisierungen berücksichtigt würden, die vor einer Flucht entstanden seien. Etliche Experten, darunter der frühere Sektionschef im Innenministerium, Wolf Szymanski, warnten, dass der Gesetzesentwurf teils verfassungswidrig sei.

Bestätigung erhielt Strasser von Wilfried Kovarnik von der Wiener Fremdenpolizei. Er empfindet das noch geltende Asylgesetz als "Behinderung", weil es "uns immer weniger möglich ist, ausländische Rechtsbrecher außer Landes zu bringen".

Innenminister Strasser sagte nach dem Hearing zum Standard , er sei verwundert über manche Kritikpunkte: "Unsere Verfahrensprinzipien entsprechen geltenden EU- Richtlinien." Einige Punkte werde er aber aufnehmen und noch "die eine oder andere Änderung" vorschlagen. Das Asylgesetz soll im November beschlossen werden. (simo/DER STANDARD, Printausgabe, 24.9.2003)