Im Museum Leopold hängt ein Ölgemälde von Wolfgang Hollegha mit dem Titel "Abstrakte Komposition" und der Inventar- nummer 4142. Es gleicht völlig . . .

Foto: Standard/Sammlung Leopold

. . . dem Gemälde "Komposition mit 2 Kreisen II" aus 1956: Der Katalog, den das 20er-Haus anlässlich einer Hollegha- Personale 1967 heraus- brachte, vermerkt als Eigentümer das Unterrichts- ministerium.

Foto: Standard
Wien - 1956 war Wolfgang Hollegha, der bis 1954 an der Akademie studiert hatte, noch recht unbekannt: In der Galerie St. Stephan fand seine erst zweite Ausstellung statt. Das Unterrichtsministerium erwarb dennoch um 3.500 Schilling eines seiner Ölgemälde, ein kleinformatiges (37 mal 45 Zentimeter) mit dem Titel Komposition mit 2 Kreisen II, das eben erst entstanden war.

Im Frühjahr 1967 widmete das 20er-Haus im Schweizergarten (heute: Museum Moderner Kunst) Hollegha eine Personale. Und zeigte als Leihgabe des Unterrichtsministerium das oben genannte Werk: Es ist samt Besitzvermerk im Katalog abgebildet. Danach verliert sich die Spur.

Tatsache ist aber, dass die Artothek des Bundes, die das Werk - wie alle anderen Förderankäufe auch - inventarisierte, nicht im Besitz desselben ist. Welche Person das Werk zuletzt ausgeliehen hat, sei nicht bekannt, heißt es auf Anfrage des Standard. Tatsache ist zudem, dass jedes Objekt mit einer Inventarnummer samt Hinweis auf den Eigentümer versehen wird.

1994 kaufte die Republik um umgerechnet 160 Millionen Euro die umfangreiche Sammlung des Wiener Augenarztes Rudolf Leopold an. Grundlage bildete ein Schätzgutachten, das von Gerbert Frodl, dem Direktor der Österreichischen Galerie, und Herbert Giese, einem Kunsthändler, erstellt worden war. Als Nummer 4142 hatten sie das Gemälde inventarisiert.

Es hängt nun im Leopold Museum, trägt den Titel Abstrakte Komposition - und gleicht der Komposition mit 2 Kreisen II völlig. Auf der Homepage des Museums wird keine einzige Angabe bezüglich der Provenienz gemacht. Der Verdacht liegt nahe, dass die Komposition mit 2 Kreisen II irgendwann gestohlen und von Rudolf Leopold erworben wurde. Durch den Ankauf der Sammlung gelangte es erneut in den Besitz des Bundes.

Rudolf Leopold sagt gegenüber dem STANDARD, er habe das Bild Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre im Dorotheum ersteigert. Er glaube sich vage an einen Kaufpreis zwischen 20.000 und 30.000 Schilling erinnern zu können.

Auktionshaus muss Name des Verkäufers angeben

Über das Fehlen des Bildes informierte die Artothek das Bundeskanzleramt bereits im Juli. Und auch das Leopold Museum wurde in Kenntnis gesetzt. Helmut Moser, Vorstandsvorsitzender der Stiftung, lässt gegenwärtig die Angaben von Rudolf Leopold prüfen und erbat vom Dorotheum die Verkaufsunterlagen. Bisher sei man aber noch nicht fündig geworden. Sollte Leopold das Bild tatsächlich beim Dorotheum - und daher rechtmäßig - erworben haben, werde die Stiftung keine Konsequenzen ziehen. Aber man werde vom Auktionshaus verlangen, den Einbringer bekannt zu geben, da eben der Verdacht des Diebstahls vorliege. Die Kriminalpolizei wurde nicht eingeschaltet.

"Wenn wir aber nicht beweisen können, dass Leopold das Bild ordnungsgemäß erworben hat, dann werden wir es der Artothek zurückgeben", sagt Moser. In diesem Fall will sich die Stiftung an Leopold schadlos halten, da der Sammler den rechtmäßigen Besitz gewährleistet hat. Leopold müsste in diesem Fall der Stiftung 27 Prozent des Schätzwertes zurückerstatten (da die 160 Millionen Euro 27 Prozent des Gesamtschätzwertes der Sammlung entsprechen).

Bei der Recherche nach den Standorten ihrer Kunstwerke entdeckte die Artothek zudem das Fehlen von Josef Dobrowskys Damenbildnis in roter Kappe, das während der NS- Zeit, konkret 1941, erworben worden war. Just Viktor Matejka, erster Kulturstadtrat der Nachkriegszeit, hatte sich das Bild im Sommer 1945 ausgeliehen. Der Kommunist gab es nie zurück. Auch in diesem Fall wurde die Kripo bisher nicht zurate gezogen. (DER STANDARD, Printausgabe vom 23.9.2003)