"Gute Kontakte"
Vor allem in den Anrainerstaaten Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien werde es einige Jahre dauern, bis das dortige Recht auf EU-Standard sei, "das wissen diese Länder auch", sagte Böhmdorfer im Rahmen eines Besuchs in Aserbaidschan gegenüber dem STANDARD. Mängel bei Grundbuch, Firmenbuch und das Fehlen eines "vergleichbaren Eigentumsbegriffs" könnten vor allem kleinen Firmen erhebliche Probleme bringen, weniger den Großunternehmen, "die schaffen sich ihre Spielregeln ohnedies selbst".
Er habe deshalb mit diesen Ländern "gute Kontakte aufgebaut, mit dem Ziel, rascher für Rechtssicherheit zu sorgen", erklärte Böhmdorfer. So biete er "diesen Ländern hartnäckig unser Know-how beim Grund-und Firmenbuch an, das weltweit über das Internet abgerufen werden kann".
Wirtschaftskammer gefordert
Die Information über die noch unsichere Rechtssituation der Beitrittsländer "muss an unsere KMU hinausgehen", dabei vermisse er die Unterstützung der Wirtschaftskammer, beklagte Böhmdorfer. Im Justizministerium soll darum ein "Center of Legal Competency" entstehen, das u. a. Schulungen für Betriebe anbieten soll.
"Auch in Österreich war nach dem Beitritt eine gewisse Windstille bei der Umsetzung von EU-Recht", urgiert der Justizminister rechtzeitige Aktionen, um zur EU-Anpassung bei den neuen Mitgliedern beizutragen.
Brennpunkt Aserbaidschan
Böhmdorfers Bestrebungen gehen dabei über die Beitrittsländer hinaus. Im Rahmen des Europarats hat Österreich eine Art Patenschaft für das neue Europaratsmitglied Aserbaidschan übernommen. Die Justiz wird dies mit Schulungen für Richter und Staatsanwälte und Information über den Aufbau von Grund- und Firmenbuch unterstützen. Ein entsprechendes Abkommen wurde von Böhmdorfer bei einem Besuch des dortigen Justizministers Fikret Mammedov unterzeichnet. In den Gesprächen verwies Böhmdorfer darauf, dass es Unterstützung für Investionen nur gebe, wenn ein sicherer Rechtsrahmen garantiert sei.
Industrielle warnen
Wenn auch Österreich von der bevorstehenden EU-Erweiterung stark profitieren werde, so müssten noch viele Hausaufgaben gemacht werden, um im bereits laufenden Standortwettbewerb bestehen zu könne, waren sich der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Lorenz Fritz, und die Abgeordnete zum Europäischen Parlament, Ursula Stenzel, am Montag bei einer Pressekonferenz einig. Vor allem bei der Unternehmensbesteuerung und dem Infrastrukturausbau gebe es noch Handlungsbedarf.
Konkretes Beispiel für standortpolitisch dringend notwendige Maßnahmen sei die Slowakei, so Fritz. Die fehlende "hochrangige Infrastruktur-Anbindung" berge die Gefahr in sich, dass österreichische Zulieferbetriebe in die Slowakei abwandern. Durch die Positionierung der Slowakei als Automobilindustriestandort - zu dem VW-Produktionsstandort kommt ein Peugeot-Werk in direkter Nachbarschaft zu Österreich hinzu - könnten Österreichs Betriebe aber auch massiv profitieren.
KöSt-Senkung